Theater im Großmarkt: Chamäleon unterm Gemüse

Das „Mehr!“-Theater ist mehr als ein Theater. Es ist ein architektonisches Juwel – perfekt integriert in die mittlere der drei weltberühmten Großmarkthallen

Bis 2034 gemietet - die Firma Mehr!-Entertainment hat 25 Millionen Euro in ihr Theater in der mittleren Großmarkthalle investiert Foto: Mehr!-Theater

HAMBURG taz | Montagmorgen um sieben am Großmarkt: LKWs und Lieferwagen stehen auf dem Parkplatz vor den drei wellenförmigen Hallen in Hammerbrook. Die himmelblauen Tore der linken und der rechten Halle stehen weit offen, während die dunklen Glastüren der mittleren Halle verschlossen sind. Ein Symbol des Wandels, denn während in den äußeren Hallen palettenweise Obst, Gemüse und Blumen gehandelt werden, regt sich in der mittleren Halle nichts.

„Vor neun Uhr morgens passiert hier nichts“, sagt Thomas Mehlbeer vom „Mehr!“-Theater. Das ist seit März in der knapp fußballfeldgroßen mittleren Halle untergebracht. Aufgrund der unterschiedlichen Geschäftszeiten kommt man sich mit den benachbarten Großhändlern nicht ins Gehege.

Das Mehr! ist das jüngste Theater der Hansestadt. Von außen ist es kaum zu identifizieren: Kein Schriftzug wurde an die Außenwand angebracht – ein Zugeständnis an den Denkmalschutz, unter dem die von Bernhard Hermkes konzipierten Hallen stehen. 1962 eingeweiht, wurde die imposante Spannbetonkonstruktion 1996 unter Denkmalschutz gestellt und bis 2010 saniert. Da zeichnete sich schon ab, dass die Kapazität der drei Hallen den Bedarf übersteigen würde. Zwei Jahre später präsentierte die städtische Betreibergesellschaft die Mietverträge mit der Firma Mehr!- Entertainment aus Düsseldorf.

Diese ist bekannt geworden mit Musicals. Doch in ihrem jüngsten Theater sollen sie nicht das Programm dominieren: „Konzerte und Theaterveranstaltungen heißen die beiden anderen Eckpfeiler“, sagt Pressesprecher Mehlbeer und öffnet eine der Glastüren ins Innere der 20 Meter hohen Halle.

Die Großmarktuhr an deren Stirnseite fällt genauso ins Auge wie die beiden neuen Stahlträger, die sich an die Architektur der Halle anpassen und installiert wurden, um die Oberbühne mit den Scheinwerfern zu halten. Ziel der Denkmalschützer war es, die Halle originalgetreu zu erhalten und so wurde das Theater frei stehend integriert. Das sorgt für eine beeindruckende Variabilität, denn die Bühnenabmessungen lassen sich genauso modifizieren wie das Platzangebot. Aus einem Theater kann rasch ein teilbestuhlter Konzertsaal werden.

Ob das Chamäleon am Großmarkt mit diesem Mischkonzept langfristig landen kann, lässt sich noch nicht absehen. Der Standort bietet zwar immense Vorteile, weil die Sattelschlepper mit Equipment unter der Halle halten können, aber ob das Mehr!-Theater auch vom Konzertpublikum angenommen wird, steht noch in den Sternen, wie Yan Mangels vom Konzertveranstalter FKP Scorpio sagt.

Der hat für den Auftritt der neuseeländischen Fusion–Tanzkapelle „Fat Freddy‘s Drop“ die neue Location in Hammerbrook gebucht – unter anderem, weil Hamburg eine 2.000 bis 4.000 Zuschauer fassende Konzerthalle fehlt.

Nun will das Mehr!-Theater in diese Lücke stoßen. Die ersten Erfahrungen mit bekannten Independent-Bands wie „The Editors“ waren positiv. Als nächster Versuchsballon folgen nun Fat Freddy‘s Drop aus Wellington, die schon mehrfach in Hamburg aufspielten und mit ihrem von fetten Dub- und Reggae-Beats geprägten Sound für volle Häuser sorgten.

Mehlbeer macht sich keine Sorgen, ob die Halle bei deren Publikum ankommt. Und für die Zukunft setzt seine Firma darauf, dass die Hallen näher an die Stadt rücken. Dafür sorgen neue Radwege genauso wie die Pläne, in eine der zwei noch vom Großmarkt bespielten Hallen ein Restaurant zu integrieren und diese noch mehr für die Endverbraucher zu öffnen.

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