Theatertreffen Berlin/Festwochen Wien: And the winner is...

Das Theatertreffen in Berlin ist kein Wettbewerb. Und dennoch kann man schon zum Start zwei Gewinner verkünden: Intendantin Shermin Langhoff und Regisseur Herbert Fritsch.

Pianist Markus Hinterhaeuser (l) und die Intendantin des Theaters Ballhaus Naunynstraße in Berlin-Kreuzberg, Shermin Langhoff. Bild: dpa

Das Theatertreffen in Berlin beginnt mit einer grandiosen Inszenierung von Karin Beier über den Einsturz des Kölner Stadtarchivs. Und die Intendantin Shermin Langhoff und der Regisseur Herbert Fritsch erleben gerade, als Begleitung zur Einladung zum Theatertreffen, einen Karrieresprung.

Shermin Langhoff ist die Intendantin des kleinen Theaters Ballhaus Naunynstraße in Berlin-Kreuzberg: Dort entstand Nurkan Erpulats Inszenierung "Verrücktes Blut" über eine Schulklasse, die deutsche Leitkultur mit der Pistole beigebracht bekommt. Das Korrekte wird hier stets mit unkorrekten Mitteln durchgesetzt, das Unkorrekte korrekt legitimiert und am Ende hat sich jeder Wertekanon dreimal um die eigene Achse gedreht. Langhoff hat Erpulat gefördert und ermutigt, seit Bestehen ihres Hauses.

Deshalb ist die Einladung seines Stücks zum Festival eine wunderbare Bestätigung ihrer Arbeit. Aber das ist noch eine vergleichsweise kleine Überraschung gegenüber der Neuigkeit, die am Mittwoch der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny mitteilte: dass nämlich Shermin Langhoff ab 2014 zur Chefkuratorin der Wiener Festwochen berufen ist, die sie zusammen mit Markus Hinterhäuser, derzeit noch Festspielleiter in Salzburg, leiten wird. Den Berlinern, die ihr kleinstes Theater bei dieser Spezialistin für migrantische Themen sehr gut aufgehoben fanden, bleibt die Spucke weg. Wie lautete noch mal der Spruch mit dem Propheten im eigenen Land …

Ein ähnliches Staunen weckt die Einladung von gleich zwei Inszenierungen von Herbert Fritsch: Er hat einen ausnehmend bösen "Biberpelz" in Schwerin und eine "Nora", die als ein postfeministisches Horrorkabinett angekündigt wird, in Oberhausen inszeniert. Mit beiden kehrt er nach Berlin zurück, dorthin, wo er einst als Schauspieler einer der wilden Helden der Volksbühne war, der jede Rolle voller Gier nach Leben aufsprengte. Er tauchte ab, als auch Castorfs Theater in Wiederholung erstarrte; Herbert Fritsch tummelte sich in anderen Genres, machte Kurzfilme, machte Bücher, bevor er als Regisseur die Tour durch die Provinz antrat. Und jetzt einfach gut lachen hat.

Etwas haben er und Shermin Langhoff gemeinsam: Sie mussten sich für ihren Begriff von Theater ein Publikum erst erschließen, konnten nicht auf Gewohnheiten setzen. Ihr Mut wurde belohnt.

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