Thriller "Nacht ohne Morgen": Szenen einer Ehe

Der Thriller "Nacht ohne Morgen" ist eine Herausforderung für den Zuschauer. Götz George und Barbara Sukowa retten den handlungsarmen Plot.

Szenen einer Ehe: Das Juristen-Ehepaar Katharina (Barbara Sukowa) und Jasper Dänert (Götz George). Bild: WDR/Erik Lee Steingroever

Man muss dankbar sein. "Nacht ohne Morgen" ist ein Fernsehfilm, bei dem man ziemlich bald merkt, hier kann man sich entspannen, muss sich nicht ständig ärgern. Darüber etwa, dass die Macher ihr eigenes Medium nicht kapieren, die Fassung für Sehbehinderte im zweiten Tonkanal regelmäßig überflüssig machen, weil sie notorisch zu viel und alles doppelt sagen, in Bildern und in Dialogen.

Dieser Film von Autor Karl-Heinz Käfer ("Mein Vater") und Regisseur Andreas Kleinert ("Freischwimmer", "Mein Vater") funktioniert anders, er ist so ungewohnt: präzise. Inszeniert und gespielt.

Da ist also dieses Ehepaar Dänert, dargestellt von "Schimanski" Götz George und Barbara Sukowa - der Mimin aus dem Fassbinder-Ensemble, die ihr Domizil in New York hat und sich ihre wenigen Rollen gut auszusuchen scheint. Beide Dänerts sind Juristen, sie Scheidungsanwältin, er Exstaatsanwalt, sie logieren in einer großbürgerlichen Villa.

Die ARD zeigt "Nacht ohne Morgen" 30.11.11 um 20.15 Uhr.

Ähnlich lässig wie zuletzt Dominik Graf in seinem Beitrag zur "Dreileben"-Trilogie skizziert nun Andreas Kleinert am vermeintlichen Rande einer Krimihandlung das Psychogramm einer Paarbeziehung. Zeigt, wie viel ein guter Filmemacher in wenigen Bildern, in wenigen Szenen zu sagen vermag. Etwa, wenn Jasper Dänert nach Hause kommt, den an der Straße geparkten Mini registriert, die Hausschlüssel wieder einsteckt, klingelt, sagt, er habe die Schlüssel vergessen.

Ein eher handlungsarmer Plot

Er wollte sich und seiner Gattin einen Gefallen tun, sie nicht etwa in flagranti ertappen mit dem Liebhaber, seinem guten Freund (Jeroen Willems). Ob er nur deshalb so generös ist, weil er bald sterben wird? Der Zuschauer erfährt das so nach und nach - wenn die Krankheit endlich benannt wird, wird schon mehr als die Hälfte des Films vorbei sein. Auch so lässt sich für Spannung sorgen, in einem an sich eher handlungsarmen Plot.

Dieser Plot lässt den Exstaatsanwalt aus Berlin eine kleine Polizeimeisterin irgendwo in der betont trist gefilmten brandenburgischen Provinz aufsuchen: "Im Sommer 92 wurde ein etwa sechzehnjähriger Junge tot im Wald gefunden. Seine Leiche war stark verwest. Er war von einem Auto angefahren worden. Jemand hatte die Leiche im Wald abgelegt."

Warum wendet Dänert seine knapp bemessene Restlebenszeit für den alten Fall auf, warum ist er so unbedingt auf die Hilfe der unbedarften, unbefangenen Jungpolizistin angewiesen? Die ist übrigens Fritzi Haberlandt geradezu auf den Leib geschrieben, solche weltfremden, spröden Frauenfiguren kann sie gut.

Zwischendurch unvermittelt sagen: "Wenn ich tot bin, will ich verbrannt werden." Oder zu Dänert: "Färben Sie eigentlich Ihre Haare?" Offenbar seltenen Gästen serviert sie in ihrem Haus das dampfende Abendessen als Fertiggericht in der Aluverpackung. Sie lebt in einer anderen Welt, auf einem anderen Planeten als das Juristenpaar, die Dänerts.

Schließlich feiert Katharina Dänert eine große Geburtstagsparty, sie wird tanzen, sehr ausgelassen. "Was fängst du eigentlich mit deiner Freiheit an?", will eine Bekannte von Jasper Dänert wissen.

"Ich mache das, was ich schon immer machen wollte."

"Lass mich raten: Du schreibst deine Memoiren?"

"Ja. So was Ähnliches."

Wieder so eine Andeutung. Am Ende erinnert seine Suche ein bisschen an die des Privatdetektivs Harry Angel in dem Achtziger-Jahre-Thriller "Angel Heart".

Wer sich die Pointe des Films bis zum Schluss aufheben will, sollte über diesen Hinweis nun aber nicht allzu intensiv nachgrübeln.

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