Tierheim zu teuer?: Bürgermeister ließ Hunde töten

Ein Bürgermeister in Niedersachsen ließ zwei Terrier töten. Die Geldstrafe wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz akzeptiert er nicht.

Mal kampfeslustig, mal friedlich: Amerikan Staffordshire Terrier Foto: dpa

HAMBURG taz | Weil er zwei Hunde töten ließ, soll ein ehemaliger Bürgermeister in Südniedersachsen eine Geldstrafe zahlen. Die Versorgung und Unterbringung der beiden Hunde auf Gemeindekosten sei dem CDU-Lokalpolitiker schlicht zu teuer gewesen, sagt die Staatsanwaltschaft. Die beiden Staffordshire-Terrier hatten 2009 ein 17-jähriges Mädchen angegriffen. Als der Bürgermeister sie 2013 von einem Tierarzt einschläfern ließ, waren sie gesund und es sei mittlerweile keine Gefahr mehr von ihnen ausgegangen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Bürgermeistern daher einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor. Einen entsprechenden Strafbefehl will der allerdings nicht akzeptieren. Nun geht der Fall vor Gericht.

Die zwei Staffordshire-Terrier waren dem Halter 2009 weggelaufen und hatten eine Jugendliche ins Bein gebissen. Die Gemeinde Staufenberg, südwestlich von Göttingen, verfügte daraufhin die Wegnahme der Hunde. „Dies geschah nach Bewertung durch das Veterinäramt“, sagte der Göttinger Veterinäramtsleiter Bernd ­Sieslack. Die Hunde hätten aus Sicherheitsgründen nicht beim Halter bleiben können, waren sich Amt und Gemeinde einig.

Für die Unterbringung war fortan die Gemeinde zuständig. Das Göttinger Tierheim hatte die beiden Hunde zunächst aufgenommen. „Nach einiger Zeit habe ich die Gemeinde über die hohen Kosten der Unterbringung informiert“, sagte Sieslack. Deshalb schauten sich die Staufenberger, die nicht über ein eigenes Tierheim verfügen, nach einer günstigeren Lösung um. „Ein Tierheim in Kassel wollte die Tiere nicht aufnehmen, weil sie zu gefährlich gewesen seien“, berichtete der heutige Bürgermeister Bernd Grebenstein. „Daraufhin kamen die Tiere in eine private Hundepension.“

2013 bemühten sich deren Betreiber und die Gemeinde um eine Vermittlung an eine Privatperson. „Von den Hunden ging keine Gefahr mehr aus“, sagt Daniela Ernst von der Hundepension. Nach einigen Monaten meldete sich die Gemeinde bei der Tierpflegerin: „Sie hätten eine Person gefunden“, sagt Ernst, „aber auf Nachfrage, wer die Hunde übernehme, teilte uns die Gemeinde mit, dass die Person anonym bleiben will.“ Zwei Tage später holten Gemeindemitarbeiter die Tiere ab. Tatsächlich aber wurden die Hunde nicht zu dem angeblich neuen Besitzer, sondern zu einem Tierarzt gebracht, um dort eingeschläfert zu werden.

„Tatsächlich wurden die Hunde nicht zu dem angeblich neuen Besitzer, sondern zu einem Tierarzt gebracht, um dort eingeschläfert zu werden.“

Staufenbergs damaliger Bürgermeister soll das laut Staatsanwaltschaft beauftragt haben. Der taz ließ er mitteilen, dass er sich zu dem Vorfall nicht äußern wolle. „Hunde dürfen ohne vernünftigen Grund nicht getötet werden“, sagte Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue. Einen vernünftigen Grund habe es in diesem Fall nicht gegeben. Die Tiere seien gesund gewesen. Laut Hundepension sei von den Tieren keine Gefahr mehr für Menschen ausgegangen. „Wir hatten mit ihnen nie Probleme“, sagte Ernst.

Laut Hessisch Niedersächsischer Allgemeiner hatte die Gemeindeverwaltung 2015 noch erklärt, die Hunde seien krank gewesen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hingegen hätte weder der Bürgermeister die Einschläferung beordern noch der Tierarzt die Tötung ausführen dürfen.

In Deutschland gibt es sowohl städtisch, gemeinnützig als auch kommerziell betriebene Tierheime.

Über 500 Tierheime betreibt der Deutsche Tierschutzbund. Finanziert werden sie hauptsächlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen.

Rund sechs Millionen Hunde leben in Deutschland in Tierheimen.

Eine Überfüllung und Unterfinanzierung beklagen die Betreiber der gemeinnützigen Tierheime.

„Deshalb wurde ein Strafbefehl gegen die beiden Personen erlassen“, sagte Laue. Eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen à 90 Euro wurde darin im Mai festgelegt. Der Tierarzt akzeptierte die Strafe – der CDU-Mann dagegen nicht. Daher wird nun demnächst vor dem Amtsgericht Hann. Münden verhandelt.

„Wahrscheinlich erschien die Unterbringung dem Angeklagten auf Dauer zu teuer“, vermutete Staatsanwalt Laue. 35.000 Euro soll die Unterbringung die Gemeinde seit 2009 insgesamt gekostet haben. Sie geht derweil auf Distanz zum einstigen Bürgermeister. „Das war die Entscheidung meines Vorgängers“, sagt Grebenstein. Für die Gemeinde habe der Vorfall keine rechtlichen Konsequenzen.

Die Hundepension ist vom Verhalten des damaligen Bürgermeisters empört. „Natürlich sind Hunde, die wegen Agressionen gegen Menschen zu uns gebracht werden, nie leicht zu vermitteln“, sagt Ernst, „aber sie deswegen einfach zu töten geht gar nicht.“

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