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Todesfälle bei der WeinleseHaftstrafen für Menschenhändler

2023 wurden in der Champagne zahlreiche Erntehelfer misshandelt. Drei Anwerber müssen nun ins Gefängnis und Strafen zahlen.

Erntehelfer bei der Champagner-Ernte in Frankreich Foto: Aurelien Morissard/AP/dpa

Paris taz | Im Prozess um die Misshandlung von Erntehelfern bei der Weinlese 2023 in der Champagne hat ein Strafgericht drei Angeklagte zu Haftstrafen verurteilt. Die georgische Chefin einer Vermittlungsfirma von Arbeitskräften erhielt vier Jahre Haft, davon zwei auf Bewährung.

Der Richter legte Svetlana G. Menschenhandel, Schwarzarbeit, Beschäftigung von Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis und unwürdige Unterbringungsbedingungen zur Last. Zwei Anwerber wurden zu jeweils einem Jahr Haft verurteilt. Alle drei Angeklagten müssen jedem der betroffenen Erntehelfer 4.000 Euro Schadenersatz zahlen. Das Gericht in Châlons-en-Champagne sprach von einer „außerordentlichen Schwere der Taten“.

Während der Weinlese 2023 waren in der ostfranzösischen Region Champagne, wo der weltberühmte Champagner hergestellt wird, vier Erntehelfer gestorben. Dutzende mussten aus dreckigen Sammelunterkünften evakuiert werden, wo einige Männer auf dem Boden schliefen. Sie bekamen kaum zu essen und zu trinken und wurden auch nicht bezahlt. „Wir wurden wie Tiere behandelt“, sagte Diabira, einer der Arbeiter, zu Prozessbeginn der Zeitung Libération.

Die beiden verurteilten Anwerber hatten die aus Westafrika stammenden Männer, die meist ohne Aufenthaltspapiere in Frankreich lebten, an der Pariser Porte de la Chapelle angesprochen.

Winzer wollen Risiko minimieren

In der Champagne wurden sie in verlassenen Gebäuden untergebracht, die sie erst verließen, nachdem Nachbarn die Arbeitsinspektion alarmiert hatten. „Wir prangern Arbeits- und Lebensbedingungen an, die an Sklaverei erinnern“, sagte ihr Anwalt Maxime Cessieux zum Prozessauftakt im Juni im Fernsehen. Die französischen Medien sprachen von einer „Weinlese der Schande“.

Um eine ähnliche Ausbeutung künftig zu verhindern, veröffentlichte die Vereinigung der Champagnerhäuser und -winzer, die im Prozess Zivilkläger war, einen Aktionsplan. „Wir wollen das Risiko unerlaubten Verhaltens auf ein Minimum reduzieren“, sagte ihr Co-Präsident David Chatillon dem Radiosender Ici. Insgesamt sind jedes Jahr rund 120.000 Erntehelferinnen und -helfer an der Weinlese in der Champagne beteiligt.

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1 Kommentar

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  • Warum wurden nur die Anwerber, nicht aber die Winzer selbst verurteilt? Es ist ziemlich schwer, von solchen Zuständen während der Weinlese nichts mitzubekommen.