Todesurteil wegen Blasphemie in Pakistan: Christin Asia Bibi ist frei

Die wegen Götteslästerung zum Tode verurteilte Christin Asia Bibi darf das Gefängnis verlassen. Islamisten drohen mit ihrer Ermordung.

Demonstranten fordern die Abschaffung des Blasphemiegesetzes

Demonstration für die Freilassung von Asia Bibi (Archivbild von 2010) Foto: dpa

BERLIN taz | „Ich kann nicht glauben, was ich höre, komme ich jetzt frei?“ Das sagte die 51-jährige Pakistanerin Asia Bibi der Nachrichtenagentur AFP telefonisch aus dem Gefängnis. Dort saß die frühere Landarbeiterin und Mutter von fünf Kindern aus einem Dorf in der Nähe von Lahore seit 2010 in Isolationshaft.

Die Christin war zum Tode verurteilt worden, weil sie im Jahr 2009 im Streit um Trinkwasser, das muslimische Frauen von ihr nicht annehmen wollten, angeblich den Propheten Mohammed beleidigt habe. Asia Bibi hat das stets bestritten. Trotzdem wurde sie nach Pakistans strengem Blasphemiegesetz dort als erste Frau wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt.

Bereits Anfang Oktober hatte Pakistans Oberster Gerichtshof das Todesurteil in einem Revisionsverfahren mangels Beweisen aufgehoben. Aber erst am Mittwoch gaben die drei Richter den Freispruch bekannt. In der Zwischenzeit waren die pakistanischen Medien angewiesen worden, darüber nicht zu berichten. Denn wie erwartet riefen islamistische Gruppen sogleich zur Ermordung der drei Richter wie von Asia Bibi auf und blockierten in den größeren Städten des Landes Straßen.

Die drei namentlich bekannten Richter haben Asia Bibi jetzt zwar freigesprochen, doch könnte genau dieser Freispruch angesichts der Drohungen das endgültige Todesurteil für die Christin bedeuten – wie auch für die mutigen Richter selbst. Denn ihre Drohungen haben Islamisten schon in der Vergangenheit gelegentlich umgesetzt und dadurch Politik, Verwaltung und Sicherheitskräfte eingeschüchtert.

So wurde im Januar 2011 sogar der Gouverneur vom Punjab, Salmaan Taseer, von seinem eigenen Leibwächter erschossen, weil er sich für Asia Bibi ausgesprochen hatte. Nach der Hinrichtung des Mörders gingen für diesen mehrere Zehntausend Menschen auf die Straße. Einen Monat nach Taseers Ermordung wurde dann der christliche Minister für reli­giöse Minderheiten, der das Blasphemiegesetz kritisiert hatte, ebenfalls ermordet.

Alarmbereitschaft für Sicherheitskräfte

In Pakistan waren gestern landesweit Sicherheitskräfte mobilisiert worden, doch blieb unklar, welche konkreten Schritte zur Sicherheit von Asia Bibi und ihrer Familie veranlasst wurden. Nach Ansicht von Beobachtern wird sie allenfalls im Exil unter falscher Identität noch halbwegs sicher leben können. In ihr Dorf, wo ihre Familie die einzige christliche war und mehrfach dem Druck zum Konvertieren standgehalten hatte, wird sie jedenfalls nicht zurückkehren können.

Und so wichtig und mutig das Urteil der obersten Richter jetzt ist, bedeutet es noch lange nicht, dass das strenge Blasphemiegesetz damit entschärft wäre. Angesichts der fortgesetzten Todesdrohungen könnten untere In­stanzen geneigt sein, den Druck künftig ­einfach nach oben weiterzugeben, also die Todesstrafe zu verhängen in der Hoffnung, dass die obersten Richter dies dann noch korrigieren werden. Sofern sie das überleben. Den Kampf gegen islamistische Hardliner haben Pakistans liberale Kräfte leider noch längst nicht gewonnen.

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