Tom Cruise will angeblich aussteigen: Science-Fiction-Trash Scientology

Angeblich will sich Tom Cruise aus der Psychosekte Scientology zurückziehen. Aber warum ist sie bei den Stars überhaupt so beliebt?

Hat möglicherweise begriffen, was er seiner Tochter Suri mit Scientology antut: Tom Cruise. Bild: reuters

Ich war nie jemand, der sich für Scientology interessiert. Wenn man weiß, dass etwas schwachsinnig ist, dann lohnt es sich meist nicht, dieser Sache Aufmerksamkeit zu schenken. Was mich hingegen interessiert, ist, warum so viele prominente Menschen bei dem Quatsch mitmachen und so kräftig die Werbetrommel rühren. Tom Cruise, John Travolta, Sharon Stone, Will Smith. Was, der auch? Das macht ihn mir gleich unsympathisch. Dabei war der doch immer so lustig in „Men in Black“.

Womit wir schon beim Thema angekommen wären: Jeder normale, halbwegs gebildete Mensch findet eine Scientology-Angehörigkeit unsympathisch. Wer glaubt ernsthaft, dass das unsterbliche Wesen jedes Menschen, der Thetan, durch traumatische Erlebnisse und insbesondere durch zwei Ereignisse vor Millionen Jahren massiv in seiner Funktionsweise beeinträchtigt worden sei? Und, dass Scientology-Technologien, insbesondere das Auditing, die Funktionen des Thetan zumindest teilweise wiederherstellen könnten? Klingt eher wie ein Science-Fiction-Trash.

Die Promis nehmen also vermeintlich eine erhebliche Beeinträchtigung ihres öffentliches Ansehens in Kauf. Nehmen wir Tom Cruise, der offensichtlich eine führende Position in dem Verein innehat und bis dato keinesfalls davon absehen wollte. Nach einem von der Medienwelt freudig aufgegriffenen Scheidungskrieg zwischen ihm und Katie Holmes ist sein Ansehen in der Öffentlichkeit sicherlich nicht gestiegen. Zumindest bei seiner ehemaligen Gattin scheint die Vernunft gesiegt zu haben. Sie versucht, Tochter Suri vom offensichtlich verheerenden Einfluss der Pseudo-Religion zu schützen.

2010 wurde der Film „Bis nichts mehr bleibt“ im Ersten ausgestrahlt, der sich kritisch mit Scientology auseinandersetzt. Bei der Produktion des Filmes stand der ARD ein Scientology-Aussteiger beratend zur Seite: Heiner Rönn. Er war elf Jahre Mitglied der Organisation. 1995 ist er ausgetreten und hat heute eine neue Frau. Seine beiden Kinder konnte er jedoch nicht retten, sie sind fest im System Scientology gefangen. Von Kindesalter an wurden sie indoktriniert, besuchten ein Scientology-Internat und eine Schule in Dänemark. Er hat keinen Kontakt mehr zu ihnen.

Indoktrination. Vielleicht ist das ein Erklärungsansatz dafür, dass Leute wie Tom Cruise nicht aussteigen können. Wenn man sein Leben erst mal komplett auf eine Weltvorstellung ausgerichtet hat, fällt es nicht leicht, sich plötzlich wieder einer anderen hinzugeben. Egmont R. Koch ist Filmemacher und Buchautor und kennt sich auch ein wenig mit Scientology aus. Er war Regisseur der Dokumentation „Die Seelenfänger – Wie Scientology Menschen zerstört“ für den SWR.

Auf die Frage, was Promis denn davon hätten, Mitglied bei Scientology zu sein, antwortete er folgendes: „Das ist eine berechtigte Frage, die haben wir uns auch schon oft selbst gestellt. Leider kann ich Ihnen keine richtige Antwort darauf geben. Scientology liest den Stars sicherlich jeden Wunsch von den Lippen ab, aber die bräuchten es ja eigentlich gar nicht. Ich denke das läuft viel über Mund-zu-Mund-Propaganda. Man muss aber auch sicherlich ein Faible für Pseudo-religiöses haben. Die Promis bei Scientology sind in der Organisation privilegiert, die müssen auf jeden Fall nicht die gleichen Aktivitäten machen wie andere Mitglieder. Es muss einfach irgendetwas drinstecken, warum sie sich damit identifizieren, selbst gegen starke Widerstände, wie zum Beispiel John Travolta.“

Wahrscheinlich kann man die Frage, wie es Scientology schafft, für so viele Menschen, inklusive Hollywood-Stars, so anziehend zu sein, nicht wirklich beantworten. Beantworten kann man aber die Frage, ob die Organisation Scientology gefährlich ist. Ja, das ist sie. Und völliger Schwachsinn dazu.

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