Tote und Verletzte in Kirgisien: Straßenschlachten in Osch

Die Regierung hat die Lage im Süden nicht im Griff. Usbeken und Kirgisen bekämpfen sich gegenseitig. Mindestens 37 Menschen wurden getötet.

Im russischen Fernsehen waren Bilder aus Osch zu sehen. Bild: dpa

BISCHKEK taz | Der usbekische Anrufer aus Osch ist in Panik. "Die brechen in die Häuser ein, und wir sind wehrlos!" Während er noch spricht, ertönen Schüsse über die Telefonleitung. Seit Donnerstagnacht liefern sich usbekische und kirgisische Jungendbanden Straßenschlachten in Osch, der südlichen Metropole des zentralasiatischen Landes an der chinesischen Grenze. Neben Knüppeln und Steinen setzten sie auch Schusswaffen ein. Bis Freitagnachmittag starben mindestens 37 Menschen, Hundertewurden verletzt.

Ein Streit zwischen Usbeken und Kirgisen in einem Restaurant hatte innerhalb einer knappen Stunde Kämpfe in der ganzen Stadt ausgelöst. Über SMS und Telefon mobilisierten beide Seiten weitere Kämpfer. Die Polizei ging während der Nacht auf Tauchstation.

Am 27. Juni will die provisorische Regierung und die geschäftsführende Präsidentin Rosa Utanbajewa in Bischkek ein Verfassungsreferendum durchführen. Sie hatten in einem Aufstand am 7. April die Macht errungen und wollen dies nun legitimieren lassen. Die Straßenkämpfe in Osch gefährden diesen Plan.

Die provisorische Regierung versucht von der im Norden des Landes gelegenen Hauptstadt aus, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Panzerwagen und bewaffnete Soldaten patrouillieren durch die Straßen der von Usbeken und Kirgisen bewohnten Stadt Osch. Aber immer wieder kommt es zu Zusammenrottungen aggressiver Jugendgangs. Hotels, Geschäfte und Restaurants gehen in Flammen auf. Hochrangige Regierungsvertreter sind zusammen mit Spezialeinheiten nach Osch gereist. Die Staatsmacht ist geschwächt und den Sicherheitskräften fehlt es an Durchsetzungskraft. Zudem beschuldigt der usbekische Anrufer die Sicherheitskräfte, mit den kirgisischen Hitzköpfen gemeinsame Sache zu machen.

Seit dem Aufstand, in dessen Verlauf der damalige Präsident Kurmanbek Bakijew aus dem Land getrieben wurde, kommt vor allem der Süden des vom Tien-Schan-Gebirge geteilten Landes nicht zur Ruhe. Hier halten sich noch immer die Anhänger des gestürzten Präsidenten versteckt. Zudem führt über die Hochpässe die lukrative Opiumroute aus Afghanistan. Drogenbarone halten die Region fest im Griff.

Der Machtkampf in dem geopolitisch wichtigen Land, in dem sowohl Russland als auch die USA über eine Militärbasis verfügen, weitet sich immer mehr zu einem ethnischen Konflikt aus. Im südlichen Kirgisien leben vor allem in den Städten Dschalalabad und Osch ethnische Usbeken.

Lange haben deren Repräsentanten versucht, sich aus dem innerkirgisischen Machtkampf herauszuhalten. Zu tief sitzt die Erinnerung an die sogenannten Ereignisse von Osch, als 1990 Kirgisen und Usbeken sich über Wasser- und Weiderechte mit Beilen und Messern zu Hunderten abschlachteten.

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