Trauer in Australien: Tränen am schwarzen Sarg
Rabbi Eli Schlanger, der erste Tote des Terroranschlags von Bondi Beach, wird beigesetzt. Der überlebende Attentäter verweigert die Aussage.
ap/dpa | Drei Tage nach dem Anschlag auf eine jüdische Feier am Bondi Beach in Sydney ist das erste Todesopfer beerdigt worden. Als Erster wurde der 41-jährige Eli Schlanger beigesetzt, Ehemann und Vater von fünf Kindern.
Er war stellvertretender Rabbiner in Bondi und hatte am Sonntag die Chanukka-Feier am Strand organisiert, die zum Ziel des Anschlags wurde. Der in London geborene Schlanger war außerdem als Gefängnisseelsorger in ganz New South Wales und in einem Krankenhaus in Sydney tätig.
Trauernde weinten, als Schlangers Leichnam in einem schwarzen Sarg in die Synagoge gebracht wurde. „Du bist mein Sohn, mein Freund und Vertrauter“, sagte Schlangers Schwiegervater Yehoram Ulman. „Der Gedanke, einen Tag ohne dich zu verbringen, erscheint mir nicht möglich.“ Rund um die Synagoge war die Polizei mit Patrouillen unterwegs.
Am Sonntag hatten zwei Angreifer – Vater und Sohn – am weltberühmten Bondi Beach auf Teilnehmer einer Feier zum jüdischen Lichterfest Chanukka gefeuert und 15 Menschen getötet, darunter ein zehnjähriges Kind und einen Holocaust-Überlebenden. Rund 40 Verletzte wurden in Krankenhäuser gebracht, manche starben später an ihren Schusswunden.
Ehepaar wollte den Killer entwaffnen und wurde getötet
Unter den Opfern war ein Ehepaar zwischen 60 und 70 Jahren, die beide tödlich getroffen wurden, als sie versuchten, einen der Angreifer zu entwaffnen, nachdem dieser aus seinem Auto gestiegen war, um den Angriff zu beginnen. Ein weiterer jüdischer Mann in ähnlichem Alter wurde laut seiner Tochter von einem der Täter erschossen, während er mit Steinen auf den anderen warf.
Das jüngste Opfer war die zehnjährige Matilda, deren Eltern die Anwesenden bei einer Mahnwache am Dienstagabend dazu aufriefen, ihren Namen nicht zu vergessen.
21 Verletzte werden Stand Mittwochmittag (Ortszeit) weiterhin im Krankenhaus behandelt. Fünf von ihnen befinden sich in kritischem Zustand, vier davon sind stabil, wie die Gesundheitsbehörden des Bundesstaats New South Wales bekanntgaben.
Bei den Angreifern handelte es sich um einen 50 Jahre alten Mann und seinen 24-jährigen Sohn. Mittlerweile gilt es als gesichert, dass beide Verbindungen zur Terrororganisation Islamischer Staat (IS) hatten. Im Auto des Sohnes wurden laut Behördenangaben mehrere Sprengsätze und zwei selbstgemachte IS-Flaggen gefunden.
Der Vater wurde von Sicherheitskräften am Tatort erschossen, sein Sohn festgenommen und mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Er ist wegen 15-fachen Mordes angeklagt worden. Die australische Polizei teilte mit, dem 24-Jährigen würden insgesamt 59 Taten zur Last gelegt, darunter neben den Mordvorwürfen auch eine terroristisch motivierte Straftat und 40 Fälle von Körperverletzung mit Tötungsabsicht im Zusammenhang mit den Verletzten sowie Platzieren eines Sprengsatzes in der Nähe eines Gebäudes.
Die Polizei gab an, dass sich in seinem am Tatort entdeckten Auto selbst gebaute Sprengsätze befunden hätten. Noch heute soll er von der Polizei vernommen werden, nachdem er inzwischen aus dem Koma erwacht ist. Laut der Zeitung „The Sydney Morning Herald“ verweigert er die Aussage.
Chanukka-Feier 2026 soll trotzdem stattfinden
Der Schwiegervater des getöteten Rabbiners erklärte, die Chanukka-Feier werde auch im kommenden Jahr stattfinden, so wie seit 31 Jahren. Die Gemeinde werde dem Wunsch der Attentäter trotzen, den Menschen das Gefühl zu geben, es sei gefährlich, als Juden zu leben, sagte Ulman. „Wir werden der Welt zeigen, dass das jüdische Volk unbesiegbar ist.“
Die geplanten Silvesterfeierlichkeiten am Bondi Beach in Sydney sind jedoch abgesagt. Das gab der Organisator der Feierlichkeiten in Absprache mit dem lokalen Gemeinderat bekannt. Tausende Menschen aus Australien und dem Ausland hätten sich auf das Fest gefreut, angesichts der schlimmen Ereignisse sei es aber nicht der richtige Moment zum Feiern, hieß es in einer Mitteilung.
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