Trauerfeier für Ludwig Baumann: Würdigung des letzten Deserteurs

„Wir wollten einfach leben“, sagte Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann. Der Friedensaktivist starb am 5. Juli 2018. Am Mittwoch wird ihm in Bremen gedacht.

Ludwig Baumann (13. Dezember 1921 – 5. Juli 2018) Foto: dpa

BREMEN taz | Die Entscheidung, die sein Leben bestimmen sollte, hat Ludwig Baumann mit einfachen Sätzen beschrieben. „Wir wollten es nicht mitmachen“, sagte er. „Wir wollten einfach leben. Da kam der Gedanke abzuhauen.“ Als Marinegefreiter desertierte Baumann 1942 in Bordeaux. Er wurde gefasst, gefoltert und verurteilt. Zehn Monate verbrachte er in der Todeszelle.

Danach sollte es fast 50 Jahre dauern, bis er sich mit anderen Wehrmachtsdeserteuren zusammentat. Es ist sein Verdienst, dass Kriegsverweigerer aus der NS-Zeit in Deutschland überhaupt rehabilitiert wurden. Am 5. Juli 2018 starb Ludwig Baumann im Alter von 97 Jahren in Bremen. Am Mittwoch findet ab 11 Uhr im DGB-Haus in Bremen eine Trauerfeier statt.

Baumann war der letzte überlebende Wehrmachtsdeserteur. Dass er im Krieg nicht hingerichtet wurde, lag am Einfluss seines Vaters, eines Hamburger Tabakgroßhändlers. Nach dessen Intervention wurde das Todesurteil in eine zwölfjährige Zuchthausstrafe umgewandelt. Baumann kam ins Konzentrationslager, ins Wehrmachtsgefängnis Torgau und ins Strafbataillon. Sein Widerstand gegen die Wehrmacht brachte ihm nach dem Krieg Demütigung statt Anerkennung. Die Zeit hinterließ Spuren. Später findet Baumann zur Friedensbewegung.

1990 gründete Baumann mit 37 anderen überlebenden Wehrmachtsdeserteuren in Bremen die „Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz“. Gegen Anfeindungen und Widerstand unter anderem aus der Bundeswehr, die eine Zersetzung der Soldatenmoral fürchtete, kämpfte er für die Rehabilitation der Wehrmachtsdeserteure.

Mit Erfolg: 1998 hob der Bundestag einen Teil der Unrechtsurteile der NS-Militärjustiz auf. Erst 2002 folgte dann eine Aufhebung der NS-Urteile auch gegen Personengruppen, die davon zuvor ausgenommen waren: Homosexuelle, Deserteure, Wehrdienstverweigerer, Wehrkraftzersetzer. 2009 wurden dann pauschal auch die Urteile wegen „Kriegsverrats“ aufgehoben. Als wohl „größten Erfolg“ bezeichnete Baumann in der taz den „Gedenkort für Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz“, der 2015 am Dammtordamm in Hamburg eingeweiht wurde.

„Es geht nicht um Ehre, sondern um Würde. Das ist ein Unterschied“, sagte Baumann. Für den Kampf um seine Würde erhielt er unter anderem 1995 den Aachener Friedenspreis, 2007 den Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon, 2011 eine Ehrung durch den Bremer Senat. Das Bundesverdienstkreuz aber nahm er nicht an: „Weil ich keinen Orden haben will, den auch ehemalige Nazis tragen“, so hatte Baumann erklärt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.