Treffen des Olympischen Sportbundes: In die dreiste Offensive

Auf der Versammlung des Olympischen Sportbundes untermauert dessen Präsident den eigenen Machtanspruch und attackiert Kollegen.

Thomas de Maizière, Alfons Hofmann und Olaf Scholz stehen nebeneinander

Um ein Foto der Harmonie bemüht: Thomas de Maizière, Alfons Hofmann und Olaf Scholz (v. l. n. r.) Foto: dpa

BERLIN taz | Wer die deutschen Sportfunktionäre in der Defensive wähnte, der musste sich an diesem Wochenende auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Hannover doch sehr wundern. Zwar hatten nach dem Scheitern des Olympiareferendums in Hamburg die DOSB-Vertreter schonungslose Selbstkritik gelobt. Und auch das Motto der Veranstaltung „Tage der Wahrheit, Stunden der Klarheit“ deuteten auf den Beginn eines Prozesses der Selbstläuterung hin. Aber DOSB-Präsident Alfons Hörmann nutzte dann seine Zeit am Rednerpult vornehmlich dazu, andere an den Pranger zu stellen.

Erst griff er den Fußballweltverband an. Die Vorgänge in der Fifa seien „inakzeptabel und beschämend“. Nach den jüngsten Verhaftungen in Zürich „trauen wir uns selbst kaum noch, uns zu outen, dass wir Sportfunktionäre sind. Das kann nicht unsere Zukunft sein“, beschwor Hörmann. Namentlich beklagte er das Versagen von Theo Zwanziger, der als Mitglied des Exekutivkomitees etwas von den unlauteren Geschäften in der Fifa hätte mitbekommen müssen. Dem im Weltverband der Leichtathletik tätigen deutschen Funktionär Helmut Digel warf er vor, „keine verantwortungsbewusste Wahrnehmung der Position“ zu haben.

Zwanziger wies gegenüber der FAZ die Hörmann-Kritik entschieden zurück: „Das ist ein schäbiger Versuch, von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken.“ Die Vertreter des DOSB hatten bereits unmittelbar nach dem Scheitern des Olympiareferendums das Abstimmungsergebnis mit den Negativschlagzeilen aus der Welt des Fußballs und der Leichtathletik in Verbindung gebracht.

Auch deshalb war eine andere Attacke, die Hörmann in Hannover ausführte, interessanter und bedeutsamer. Er geißelte in Anwesenheit des Innen- und Sportministers Thomas de Maizière das fehlende Engagement der Politik. „Ersparen Sie uns eine solche Entwicklung zurück in die vergangenen Jahrhunderte“, appellierte er in Richtung de Maizière. Dessen Aufforderung nach der Niederlage in Hamburg, der Sport müsse „liebenswürdiger“ werden, konterte Hörmann mit der Frage, ob es denn liebenswürdig sei, dass ein Drittel des Schulsports ausfalle und sogar „Jugend trainiert für Olympia“ gefährdet sei.

Ein Angriff, der aus der Bedrängnis heraus erfolgte. Im Vorfeld der DOSB-Versammlung hatte ein Papier des Bundesinstituts für Sportwissenschaft, eine Einrichtung des Bundesinnenministeriums, für Aufsehen gesorgt. Darin wurde die Einführung eines „Bundesamtes für Sport“ vorgeschlagen, um den Spitzensport künftig staatlich zu lenken. Beim DOSB fürchtet man um die Autonomie des Sports.

Die Botschaft verstanden

Auch deshalb erhielt Hörmann für seine Rede auf der 12. Mitgliederversammlung viel Beifall. Und Thomas de Maizière hatte die Botschaft durchaus verstanden. „Das war eine Rede mit einem starken Führungsanspruch“, erklärte er. Der DOSB-Präsident erklärte den aufkeimenden Zwist am Samstag sowieso für beendet: „Die Partnerschaft ist intakt“, sagte er und versicherte: Der Minister habe sich gegen die Verstaatlichung des Sports ausgesprochen. Thomas de Maizière selbst bezeichnete die Veröffentlichung des Papiers aus dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft als „einfach dämlich“.

Es fragt sich nur, wie es zu diesem brisanten Vorfall kommen konnte. Gut möglich, dass in diesem Fall ein Versuchsballon gestartet wurde, um die DOSB-Funktionäre entsprechend unter Druck zu setzen. Auch die viel beschworenen Autonomie des Sports hat ihre Grenzen. Das Innenministerium stellt rund 150 Millionen Euro pro Jahr für die Spitzensportförderung zur Verfügung. Und die Ansprüche, die daraus abgeleitet werden, sind nicht gering.

De Maizière hat nach der geringen Erfolgsausbeute bei den Sommerspielen in London 2012 das Ziel ausgegeben, ein Drittel mehr Medaillen zu gewinnen. Und auch in Hannover erklärte er in aller Deutlichkeit: „Wenn der Staat Spitzensportförderung macht, muss Spitzensport rauskommen.“ Die lautstark vorgetragenen Offensivbemühungen von Alfons Hörmann können die offenen Flanken, die der selbst verwaltet organisierte deutsche Sport derzeit bietet, kaum kaschieren.

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