Triathlon-WM in Nizza: Gute deutsche, bessere skandinavische Chancen
Der Deutsche Titelverteidiger Patrick Lange träumt vom vierten Triumph. Die Form des 39-Jährigen ist allerdings schwer einzuschätzen.
Das Cover des Triathlon-Magazins hat Patrick Lange schon häufiger geziert. „Der König von Hawaii“ stand vor einem Jahr auf dem Titel, als er nach seinem dritten WM-Triumph auf Hawaii die stachelige Krone auf dem Kopf und die Deutschlandfahne in den Händen trug. Nun steht sein Name in Versalien zu seinem Konterfei mit Schwimmkappe auf der ersten Seite. Und darunter: „Wie der deutsche Ironman-Star den Titeltriumph von Nizza perfekt machen will“. Letztmals wird bei den Männern der weltbeste Triathlet auf der Langdistanz nämlich an diesem Sonntag (6.50 Uhr/HR und ARD-Livestream) an der Côte d’Azur ermittelt.
Als Titelverteidiger gehört Lange zu den Favoriten, doch kann nach Verletzungsproblemen im Frühjahr und einem Einbruch beim Heimrennen in Frankfurt im Sommer niemand seriös vorhersagen, was der 39-Jährige wirklich leisten kann. Den Altmeister abzuschreiben, wäre ein großer Fehler. Die Form beim Höhentraining in St. Moritz soll wieder sehr ordentlich gewesen sein.
Er sei sehr stolz auf das Erreichte, betonte der als dreimaliger Ironman-Weltmeister gekrönte Lange. „Den vierten WM-Titel zu holen, würde mich einen Schritt näher zu den absoluten Legenden des Sports bringen.“ Sein früherer Rivale Jan Frodeno, diesmal wieder als Experte beim Event eingespannt, hat seine Karriere als dreifacher Hawaii-Champion beendet.
An der Mittelmeerküste sind die Herausforderungen für die 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen anders als auf Big Island. Vor allem der Radkurs durch das bergige Hinterland der Alpes-Maritimes mit über 2.400 Höhenmetern wird für alle 2.500 Teilnehmer zur echten Qual – und mutet eher wie eine Etappe der Tour de France an. Das Schwimmen startet am Kiesstrand der Baie des Anges, das Ziel nach dem Marathon liegt an der berühmten Promenade des Anglais.
Norwegische Machtdemonstration
Es wäre wenig verwunderlich, würde ein Skandinavier gegen 15 Uhr als Erster das Ziel erreichen. Die Europameisterschaft in Frankfurt geriet nämlich zur norwegischen Machtdemonstration. Der auf allen Distanzen erfolgreiche Kristian Blummenfelt dominierte eindrucksvoll und gab sich danach locker: „Verlieren tut mehr weh.“ Neben dem Kraftpaket aus Bergen bringen auch dessen Landsleute Gustav Iden und Casper Stornes sowie der Däne Magnus Ditlev viel Ausdauer mit. Nicht zu vergessen der Franzose Sam Laidlow, der vor zwei Jahren den Heimvorteil entschlossen zu einer Triumphtour nutzte.
Es gilt, was Lange bereits vor Frankfurt sagte: „Es gibt 15 Kandidaten fürs Podium. Und Kristian Blummenfelt hat jedes Rennen in dieser Saison gewonnen.“
Selbst wenn es mit seiner Titelverteidigung nicht klappt, wird der für DSW Darmstadt startende Triathlet noch nicht Schluss machen. Mit dann 40 Jahren lockt 2026 der Mythos Hawaii, wenn der Dachverband WTC doch noch den Kardinalfehler korrigiert, Männer und Frauen getrennt im Wechsel mit Nizza starten zu lassen. Einer der schärfsten Kritiker dieser aus finanziellen Gründen getroffenen Konstruktion war der in Salzburg lebende Lange. Er sei „mega glücklich“, dass die WM der Männer bald wieder gemeinsam mit der der Frauen auf Hawaii stattfindet.
Mit den Ironman-Triumphen von Laura Philipp und Lange sowie dem Olympiasieg in der Mixed-Staffel hat sich das deutsche Triathlonlager zuletzt sehr stark gezeigt. Langes Nachfolger stehen bereits in den Startlöchern. Da ist Jonas Schomburg, der mit einem technischen Defekt beim Ironman Frankfurt noch Pech hatte, eine Woche später als Zweiter beim Traditionsrennen in Roth der Konkurrenzserie Challenge seine Ambitionen unterstrich.
Und vor einem Monat ging der 24-jährige Finn Große-Freese beim Ironman Kopenhagen als Sieger in sagenhaften 7:27:36 Stunden durch die Decke. Nie war ein deutscher Triathlet auf der Langdistanz schneller. Damit unterbot er sogar noch Jan Frodeno, der beim „Laborversuch“ Tri Battle Royal 2021 einmal 7:27:53 Stunden benötigte. Sollte der Rostocker Große-Freese auch in Nizza groß auftrumpfen, wäre der Coverboy fürs nächste Triathlon-Magazin wohl schon gefunden.
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