Trump auf Visite im Katastrophengebiet: US-Präsident will Vorbild sein

Donald Trump verspricht Opfern des Regensturms Harvey schnelle Hilfe. Vakante Stellen beim Katastrophenschutz will er nicht auffüllen.

Donald Trump schwenkt die Flagge von Texas

Der US-Präsident mit der texanischen Flagge in Corpus Christi Foto: reuters

DALLAS taz | Donald Trump kann es nicht lassen. Auch angesichts der Katastrophe in Texas, wo er am Dienstag einen halben Tag verbringt, benutzt er seine Superlative, seine Prahlerei und seine schlichte Wahlkampfrethorik. Den Regensturm „Harvey“ nennt er: „episch“, „historisch“ und „Wow“. Seinen Zuhörern in Corpus Christi, wo die Verwüstungen vier Tage zuvor ihren Anfang genommen haben, ruft er zu: „Was für eine Menschenmenge! Was für ein Zulauf!“, schwenkt eine texanische Fahne und erklärt, dass Texas „alles“ könne. Aber Worte an die Opfer hat er nicht.

Zu dem Zeitpunkt sind bereits neun Tote gezählt worden, sind zigtausende Menschen obdachlos geworden, warten unzählige weitere immer noch auf ihre Evakuierung, sind Hunderttausende ohne Strom, Lebensmittel und Trinkwasser und steigen die Fluten in der Stadt weiter.

Nummer 45 wollte es in Texas besser machen. Besser als sein Vorgänger Barack Obama, dem er immer wieder per Tweet vorgeworfen hat, dass der zu viel Golf (sic!) spiele, anstatt Präsenz zu zeigen, wo er gebraucht werde. Und besser als sein Vor-Vorgänger George W. Bush, der bei dem Katrina-Hurrikan in Louisiana versagt hat. Bush schwieg 2005 zu lange und erteilte dann auch noch dem Chef der Katastrophenbehörde das deplatzierte Lob: „Du erledigtst hier einen Super-Job“. In der Katastrophe kamen mehr als 1.800 Menschen ums Leben.

Als Trump Dienstag, am späten Vormittag, in Corpus Christi aus dem Flugzeug steigt, folgt er diesem Plan. Statt der roten „Amerika ist groß“-Kappe trägt er eine weiße Baseballmütze mit der Aufschrift „USA“. Seine Frau hat ihre Stilettos gegen Turnschuhe ausgetauscht, ihr Haar trägt sie in einem mädchenhaft anmutenden Pferdeschwanz. Wenig später, als die beiden sich mit texanischen Politikern und Katastrophenhelfern zu einem „Briefing“ an einen in U-Form aufgestellten Tisch setzen, versichert Trump, dass er die Rettungseinsätze erst dann loben werde, wenn sie erfolgreich zuende seien.

Doch schon wenig später bricht der übliche Trump wieder durch, als er tönt, dass dieser Hilfseinsatz Geschichte machen werde und dass die Menschen eines Tages darauf zurückschauen würden, wie auf ein Vorbild.

Mit Lob empfangen

Trump bewegt sich in einem Pulk von republikanischen Politikern. Angefangen mit Gouverneur Greff Abbott, der den Präsidenten mit großem Lob empfängt. Schon Tage vor Beginn von „Harvey“ habe das Weiße Haus in engem Kontakt mit den Behörden vor Ort gestanden, versichert Abbott. Auch die beiden Senatoren für Texas, zwei Republikaner, sitzten mit am Tisch.

Einer von ihnen, Ted Cruz, war im Vorwahlkampf ein Gegenspieler von Trump. In diesen Tagen lässt Cruz wissen, dass angesichts der Katastrophe keine Partei-Politik angemessen sei. Das sah er 2012, nachdem Hurrikan „Sandy“ in New Jersey und New York wütete, noch ganz anders. Damals stimmten er und andere texanische Republikaner im Kongress gegen ein Hilfspaket.

Was auf den ersten Blick wie ein Heimspiel für Trump aussieht, ist tatsächlich komplizierter. Denn die Städte in Texas sind überwiegend demokratisch und auch der generelle Trend in dem größten Bundesstaat geht weg von den Republikanern. Dafür sorgt unter anderem der hohe Anteil von Wählern mit Latino-Hintergrund in Texas. Trumps anti-mexikanische Slogans und seine Mauer-Pläne verstärken ihre Abkehr von den Republikanern.

In diesen Tagen sorgt Trumps' Klimapolitik für zusätzliche Skepsis in Texas. Er hat nicht nur das Pariser Klima-Abkommen aufgekündigt, sondern erst Mitte August eine weitere Obama-Regel gekippt. Die sah vor, dass künftige Infrastrukturmaßnahmen, wie Straßen und Brücken, so gebaut werden müssen, dass sie den Folgen des Klimawandels, darunter dem steigenden Meeresniveau, standhalten können. Kurz danach hat Trump begründet, weshalb er gar nicht daran denkt, die vielen Leerstellen im Personal der Katastrophenschutzbehörde FEMA, die nun in Texas vor der möglicherweise größten Aufgabe ihrer Geschichte steht, zu füllen.

Unbesetzte Stellen

„Wir brauchen sie nicht. Wir reduzieren die Größe der Regierung“, tweetete er. Zu den vielen anderen unbesetzten Stellen in Trumps Apparat gehört auch die Leitung des Nationalen Hurrikan-Zentrums und des Nationalen Ozean- und Atmosphäreinstituts (NOAA), der Dachorganisation des Wetterdienstes.

Seit „Harvey“ beobachten Texaner das Treiben von Trump umso sorgfältiger. Der demokratische Bürgermeister von Houston, Sylvester Turner, in diesen Tagen eine zentrale Figur in Texas, lässt sich nicht mit dem Präsidenten sehen. Trump wiederum umfährt die sechs Millionen Metropole im Zentrum der Katastrophe am Dienstag großräumig. Er macht nur Halt in Corpus Christi und Austin. Die Verwüstungen in Houston schaut er sich aus der Luft und auf Videos an. Seine Haus Mitarbeiter begründen das damit, dass er bei den Rettungsarbeiten nicht stören wolle. Und er selbst kündigt an, dass er schon am Samstag erneut nach Texas kommen werde.

„Benutzen Sie Ihre Macht, kämpfen Sie für Houston“, hat der Houston Chronicle am Dienstag an die Adresse des Präsidenten geschrieben. Zu dem Zeitpunkt schätzten Ökonomen den Sachschaden durch die Katastrophe bereits auf rund 200 Milliarden Dollar. Die Infrastruktur von Houston muss komplett erneuert werden, Zigtausende Häuser renoviert oder abgerissen und ganz neu gebaut werden.

Trump hat zwar nicht das Einfühlungsvermögen, mit dem sein Amtsvorgänger geglänzt hat. Er schlägt keine nachdenklichen Töne an, zeigt keine Emotionen und umarmt keine Menschen, die durch Härten gegangen sind. Aber immerhin verspricht er finanzielle Hilfe: „und zwar sehr schnell“. Die Bundesregierung werde Texas nicht im Stich lassen, versichert er am Dienstag. Für einen, der ausgezogen ist, den Staat zu „verschlanken“, ist das erstaunlich.

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