Trumps Kandidatin in Mississippi: Öffentliches Hängen findet sie witzig

Cindy Hyde-Smith fiel mit rassistischen Bemerkungen auf. Die Stichwahl in Mississippi entscheidet, ob die Republikanerin in den Senat kommt.

Die republianische US-Senatorin für Mississippi, Cindy Hyde-Smith, sitzt vor einer US-Flagge

Kommt sie mit ihrem „Witz“ über öffentliches Hängen durch? Cindy Hyde-Smith Foto: reuters

NEW YORK taz | Wer in Mississippi von einer „öffentlichen Hängung“ hört, denkt an Lynchmorde. In dieser Form des Terrorismus gegen die afroamerikanische Bevölkerung war der kleine US-Südstaat zwischen dem Ende des 19. und der Mitte des 20. Jahrhunderts führend. Mehr als 500 Menschen wurden gehängt. Doch Cindy Hyde-Smith, die in der Stichwahl in Mississippi an diesem Dienstag für den US-Senat kandidiert, macht darüber Witze.

Bei einem Wahlkampfauftritt in Tupelo sagte die weiße Republikanerin über einen politischen Unterstützer, mit dem sie Arm in Arm vor einer Menschenmenge stand: „Wenn er mich zu einer öffentlichen Hängung einladen würde, säße ich in der ersten Reihe.“ Der Satz war als Kompliment gemeint. Im Publikum lachten und applaudierten sie. Selbst die zwei anwesenden Lokaljournalisten fanden die Bemerkung offenbar so wenig bemerkenswert, dass sie nicht darüber berichteten.

Doch ein bis heute anonym gebliebener Videoblogger nahm die Szene auf und gab sie an die Nachrichtenseite Bayou Brief im Nachbarbundesstaat Louisiana. Von dort aus gelangte Hyde-Smith in die nationalen Schlagzeilen.

Seit Hyde-Smith nun bei den Midterm-Wahlen am 6. November dieses Jahres nicht auf Anhieb die Fünfzigprozenthürde schaffte, macht die Szene den DemokratInnen Hoffnung, dass ihr Kandidat, der Schwarze Mike Espy, die Stichwahl doch noch gewinnen könnte. Würde er gewählt, wäre Espy der erste Demokrat seit 1982, der in Mississippi einen Sitz im US-Senat erobert.

Die erste Frau im US-Senat für Mississippi

Nachdem Hyde-Smith’ Bemerkung begonnen hatte, die Runde zu machen, schwieg die Kandidatin tagelang. Dann las sie eine Erklärung vom Blatt, in der sie sich bei jenen entschuldigte, die sich durch ihren Satz gestört fühlten. Sie habe keinen bösen Willen, sagte die 59-Jährige, vielmehr sei ihre Bemerkung „ein Witz“ gewesen. Die Opposition habe sie verdreht und daraus ein Politikum gemacht.

Hyde-Smith ist im vergangenen Frühling für einen erkrankten Senator nachgerückt und ist seither die erste Frau, die für Mississippi im US-Senat sitzt. Ihr Herausforderer gehört zum moderaten Flügel der Demokratischen Partei. Espy hat kein großes Thema aus Hyde-Smiths’ Bemerkung gemacht, sondern lediglich klargestellt, dass niemand ihre Worte verdreht habe.

Hyde-Smith schenkte ihrer Tochter eine lebens­lange Mitgliedschaft in der NRA

Espy war zwei Jahre lang Bill Cintons Landwirtschaftsminister, seither hat er sich auf Lobby-Arbeit konzentriert. Unter anderem kassierte er Hunderttausende Dollar von Laurent Gbagbo, dem Ex-Präsidenten der Elfenbeinküste, der sich vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag jetzt wegen des Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten muss.

In den siebziger Jahren studierte Hyde-Smith an einer Schule, die die Segregation verteidigte. Später schickte sie ihre Tochter an eine solche Privatschule. Schon als das Mädchen zwei Jahre alt geworden war, hatte die Mutter ihm zum Geburtstag eine lebenslange Mitgliedschaft in der Schusswaffenorganisation NRA geschenkt.

Kein Lapsus, sondern politische Taktik

Bei der ländlichen weißen Bevölkerung in Mississipi und den benachbarten Südstaaten Georgia, Florida, Alabama und Tennessee haben RepublikanerInnen bei den zurückliegenden Wahlen noch besser als bei früheren Midterms abgeschnitten. Die Idee von weißer Vorherrschaft sitzt dort tief.

An deren Adresse ging auch Hyde-Smiths’ „Witz“, sagt der Bürgerrechtler William Barber. Nach seiner Interpretation war die Bemerkung kein Lapsus, sondern politische Taktik.

Mississippi ist der einzige US-Bundesstaat, der bis heute die konföderierte Fahne in der eigenen Flagge hat. Am Ende des Bürgerkriegs war der Staat mehrheitlich von den Nachfahren von SklavInnen bewohnt. Doch während der großen Migrationsbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts flohen Hunderttausende AfroamerikanerInnen aus Mississippi in den Norden. Das Bevölkerungsverhältnis veränderte sich. Gegenwärtig stellen AfroamerikanerInnen in Mississippi wieder 38 Prozent der WählerInnen.

Nur wenn diese sich heute massiv an der Stichwahl beteiligen und wenn die wenigen weißen Linken in den Städten Mississippis für Espy stimmen, hat er eine Chance.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.