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Trump setzt Museen FristVorbei mit der Freiheit

Kommentar von Tim Caspar Boehme

US-Museen haben vier Monate Zeit, um ihre Ausstellungen nach Vorstellungen von Präsident Trump umzugestalten. Vom Land der Freiheit ist bald nichts mehr übrig.

Das National Museum of African American History and Culture muss nun vielleicht die Ausstellung anpassen Foto: UPI Photo/imago

V ier Monate Zeit. So lassen sich die 120 Tage umrechnen, die der Präsident der USA, Donald Trump, den Museen der Smithsonian Institution gibt, um ihre Ausstellungen umzugestalten. Der Auftrag lautet, dass sie „polarisierende oder ideologisch beeinflusste Sprache durch einheitsstiftende, historisch korrekte und konstruktive Beschreibungen“ ersetzen sollen, wie es in einem Brief an den Smithsonian-Vorsitzenden Lonnie G. Bunch heißt.

Abgesehen davon, dass diese Frist für wissenschaftlich gründlich arbeitende Häuser sehr kurz ist, setzt die Trump-Regierung mit diesem Versuch der Einflussnahme ihren Angriff auf das kulturelle Gedächtnis der USA fort. Im Frühjahr erst war bekannt geworden, dass in den Archiven des Landes Fotos gelöscht werden, auf denen die Diversität des Landes dokumentiert ist: afroamerikanische Kriegshelden etwa oder, in trauriger Ironie, der B-29-Bomber Enola Gay, der die Atombomben für Hiroshima und Nagasaki transportierte. Das Wort „gay“, obwohl in diesem Zusammenhang im Sinn von „fröhlich“ verwendet, klang wohl zu „schwul“.

Jetzt trifft es zunächst 8 der insgesamt 21 Museen des Smithsonian, darunter zentrale Einrichtungen in Washington wie das National Museum of African American History, das National Museum of the American Indian und das National Air and Space Museum. Im Archiv des Letzteren ist übrigens auch die Geschichte des Fliegers Enola Gay dokumentiert. Andere der Museen sollen später „überprüft“ werden.

Mit diesem verschärften Angriff auf das Smithsonian, bei dem zunächst unklar bleibt, ob das Weiße Haus rechtlich dazu überhaupt befähigt ist, will Trump dem inhaltlich unabhängigen Museumskomplex seinen national geprägten Willen aufzwingen. Damit weitet er seinen autoritären Kurs, den er genauso gegen die Hochschulen des Landes fährt, unvermindert aus. Ähnliche Druckmittel wie bei den Universitäten hat er ebenfalls in der Hand: Das Smithsonian finanziert sich zu über 60 Prozent über Gelder, die der Kongress bewilligen muss. Und dessen Mehrheit stellen die Republikaner. Schlechte Zeiten für Wissenschaftsfreiheit.

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Kulturredakteur
Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.
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12 Kommentare

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  • Das Schlimme ist auch, dass man Trumpi dabei zuviel Ehre erweist. Es sind die Leute im Hintergrund, die Millers und Bannons, die diese Kontrolle vorantreiben und der Frontmann spielt mit. Jedes youtube Video mit Interviews der Vorgenannten, lässt einem entweder das Blut gefrieren oder fassungslos den Kopf schütteln. Dieser swamp beschränkt sich nicht auf den Frontmann. Der kann später ausgetauscht werden, noch ist er allerdings eine Idealbesetzung, da er es schafft als Geldelite 50% der Bevölkerung mit dem Feindbild gegen eine Elite mitzunehmen, ohne das er selber hineinrutscht.

  • Mal gucken, wie lange das noch in Deutschland dauert.

    Habe mir die Umfragewerte angeguckt. Mit 25% AfD und 25% Halb-AfD steht das Land mit einem Standbein fest im braunen Sumpf.

    Macht nur weiter so.

    Gruß aus Melbourne

  • Dass er derlei vorhat, verwundert nicht. Dass er es durchziehen kann, bereitet Sorgen.

  • Wer die Geschichte fälschen will, kommt an den Museen kaum vorbei. Demnächst gibt’s dann noch eine Wanderausstellung „Unamerikanische Exponate“ oder so.



    Trumps Umfeld scheint Orwells „1984“ als Anleitung zu verstehen, der ungebildete, geschmacklose Prolet im Weißen Haus wird das Buch kaum kennen.

  • Auf welcher rechtlichen Grundlage handelt Trump hier? Ist das Smithsonian eine staatli he Einrichtung? Diese Information fehlt leider im Artikel.

    • @Francesco:

      Das Smithsonian wird mit ca.60% aus dem Staatshaushalt finanziert. Und seit wann brauch DT denn eine rechtliche Grundlage?

  • Geschichte umschreiben, um Minderheiten auszulöschen

  • "... Im Frühjahr erst war bekannt geworden, dass in den Archiven des Landes Fotos gelöscht werden, auf denen die Diversität des Landes dokumentiert ist: ..."



    Wie ist das Löschen zu verstehen? Bezieht sich das auf digitale Datenbestände oder geht es da auch um die physische Vernichtung von Fotos, Filmen und anderen Dokumenten?



    Wie tief kann ein Land sinken, die sind ja Putins Russland schon auf den Fersen. Wir müssen uns vorsehen. Wer erinnert sich noch an das Geifern der "bürgerlichen Mitte" anlässlich der Wehrmachtsausstellung, da sollten Tatsachen auch umgedeutet werden. Derzeit scheint der Pfad der Mitte auch recht schmal zu sein, ein falscher Schritt und man stürzt rechts ab.

    • @Axel Schäfer:

      Zumindest beim US-Militär sind alle Fotos und Berichte von farbigen und Diversen Kriegsveteranen entfernt und gelöscht



      worden. Das gleiche soll nu auch in Museen passieren, so verstehe ich es zumindest. Als nächstes kommen wohl Schulbücher dran. Alles was nicht weiß ist kommt nicht mehr positiv vor.

  • Das Flugzeug ist übrigens bena

  • Nein, das Wort "Gay" wurde hier nicht im Sinne von "fröhlich" verwendet - es war der zweite Vorname von Enola Gay Tibbets, der Mutter des Piloten Paul Tibbets. Siehe z.B. Wikipedia.

  • Yes. If this is crazy, there is a method to it Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode.



    William Shakespeare (1564 - 1616), englischer Dichter, Dramatiker, Schauspieler und Theaterleiter



    Quelle: Shakespeare, Hamlet, Erstdruck 1603