Tuareg-Rebellen verkünden Sieg: Malis Armee streckt die Waffen

Kidal, Gao, Timbuktu: Alle Städte im Norden Malis fallen an die Rebellen. Die bedrängten Putschisten in Bamako sagen die Rückkehr zur Verfassung zu.

„Die Lösung der Junta für den Norden: Die Armee flieht“: Zeitungsleser in Bamako studieren die Schlagzeilen vom Montag. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Tuareg-Rebellen in Mali haben sich durchgesetzt. Innerhalb weniger Tage haben sie die drei großen Städte Nordmalis, das sie „Azawad“ nennen und in einen unabhängigen Staat verwandeln wollen, erobert. Nach Kidal am Freitag und Gao am Wochenende rückten die Kämpfer der „Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad“ (MNLA) am Sonntag und Montag auch in Timbuktu ein, der alten Universitätsstadt mit einmaligen bibliothekarischen Schätzen aus dem Mittelalter.

„Wir sind in Timbuktu und wir gehen weiter nach Süden“, erklärte ein Tuareg-Führer. Die Stadt sei kampflos gefallen, hieß es in Medienberichten. Nachdem die regulären Soldaten am Sonntag die Flucht ergriffen oder Zivilkleidung anzogen, habe eine lokale arabische Miliz die friedliche Übergabe ausgehandelt.

Die MNLA feierte bereits am Sonntag einen „beispiellosen Tag in der Geschichte des Volkes von Azawad, an dem die Würde zurückkehrt“, wie es in einer Erklärung hieß. Man werde jetzt Azawad als „Land der Freiheit, der Gerechtigkeit und des dauerhaften Friedens“ aufbauen. In einer weiteren Erklärung hieß es, man habe „die malische Besetzung beendet“.

Nach der MNLA kamen auch Kämpfer der islamistischen Rebellenarmee Ansar Eddine, die vom Tuareg-Politiker Iyad ag Ghali angeführt wird, nach Timbuktu. Ansar Eddine will anders als die MNLA das islamische Scharia-Recht einführen und soll Basen in Algerien haben.

Blitzoffensive am Wochenende

Die Blitzoffensive der MNLA, die ihren Kampf Mitte Januar begonnen hatte, begann am Freitag mit der Einnahme der Stadt Kidal, Knotenpunkt des Transsaharahandels. Die Stadt fiel, nachdem Oberst Hadji ag Gamou, Kommandeur der Regierungstruppen der Region, sich mit anderen hohen Militärs der Rebellion anschloss. Er ist selbst Tuareg. Die MNLA zog nach Kidal ein, der Stadtkommandant und der Gouverneur wurden festgenommen.

Am Samstag rückten die Rebellen weiter nach Gao vor, wo der Generalstab der Armee in Nordmali seinen Sitz hat. Sie eroberten in der Nacht zum Sonntag beide Militärkasenen der Stadt - eine fiel an die MNLA, die andere an Islamisten.

Am Sonntag stießen die Rebellen dann nach Timbuktu vor. Auch hier stand zunächst die MNLA an der Front, gefolgt von Ansar Eddine. Ebenso wie zuvor in Gao gab es vereinzelte Plünderungen, besonders in Hotels mit Alkoholausschank, was die Islamisten ablehnen.

Rivalitäten zwischen Islamisten und MNLA zeichnen sich bereits ab. Die malische Zeitung L‘Indépendant berichtet, Oberst Gamou in Kidal habe sich der MNLA angeschlossen, um sich vor Ansar Eddine in Schutz zu bringen. Zu der Gruppe soll auch ein Sohn des traditionellen Führers von Kidal gehören.

Westafrika drohte Malis Junta

Parallel zum Vormarsch der Rebellen stand Malis Militärregierung unter diplomatischem Druck. Unzufriedene Militärs hatten am 21. März in der Hauptstadt Bamako die gewählte Regierung gestürzt, weil sie ihr Unfähigkeit im Kampf gegen die Rebellen vorwarfen. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) hatte den Putsch verurteilt und am Donnerstag abend ein 72stündiges Ultimatum gestellt, nach dessen Ablauf die Grenzen zu Mali geschlossen und das Land aus dem Währungsverbund des frankophonen Afrika ausgeschlossen werden sollte.

Über die Umsetzung dieser Maßnahmen sollte am Montag in Senegals Hauptstadt Dakar beraten werden, am Rande der Feierlichkeiten zur Amtseinführung des neugewählten senegalesischen Präsidenten Macky Sall. Die Beratungen begannen am Nachmittag direkt nach Ende der Zeremonie.

Doch die militärische Zuspitzung hat die Lage verändert. Am Samstag erklärte Malis Juntachef Kapitän Amadou Sanogo, er habe befohlen, die Kämpfe nicht zu „verlängern“. Am Sonntag verkündete er die Wiederherstellung der Verfassung und der gestürzten Institutionen „mit sofortiger Wirkung“. Doch „angesichts der Krise“ solle ein „Nationalkonvent“ aus allen politischen Kräften „Übergangsorgane“ gründen, um korrekte Wahlen zu ermöglichen, sagte Sanogo nach Gesprächen mit dem Ecowas-Vermittler, Burkina Fasos Außenminister Djibril Bassolé.

Es scheint, als sei der Putsch in Bamako faktisch vorbei. Bleibt der Krieg im Norden.

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