Türkei erkennt libysche Rebellen an: Ankara bezieht Stellung

Die Türkei hat ihre Hoffnung aufgegeben, in Libyen vermitteln zu können und die Rebellen in Bengasi anerkannt. Diese sollen weitere 200 Millionen Dollar bekommen.

Versöhnt: Türkischer Außenminister Ahmet Davutoglu und libyscher Rebellenführer Mustafa Abdul Dschalil. Bild: dpa

ANKARA taz | Nach Frankreich, den USA, Deutschland und anderen europäischen Ländern hat jetzt auch die Türkei den Nationalen Übergangsrat der Rebellen in Libyen als offizielle Vertretung des Landes anerkannt. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu erklärte am Sonntag in Bengasi nach Gesprächen mit dem Vorsitzenden des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, die Türkei erkenne den Übergangsrat als die legitime Vertretung des libyschen Volkes an. "Gaddafi", so Davutoglu, müsse zurücktreten und den Weg für "Demokratie und Transparenz" freimachen. Zur Bekräftigung der neuen Position kündigte Davutoglu an, man werde den Rebellen zu bereits zugesagten 100 Millionen Dollar Finanzhilfe noch mit weiteren 200 Millionen Dollar unter die Arme greifen.

Der Schwenk der türkischen Außenpolitik kommt spät. Bislang hatte Ankara immer noch versucht, sowohl den Kontakt zu Gaddafi aufrechtzuerhalten als auch mit den Rebellen zu reden. Lange hatte vor allem Außenminister Davutoglu sogar gehofft, zwischen beiden Seiten vermitteln zu können. Doch die türkische Schaukelpolitik hatte die libyschen Rebellen zusehends verärgert. Es gab sogar Demonstrationen gegen Ministerpräsident Tayyip Erdogan in Bengasi, ein Novum in der arabischen Welt derzeit.

Vor dem Schwenk hatte Erdogan zuletzt noch versucht, mit einem Appell an Gaddafi das Gesicht zu wahren. "Die Türkei" so Erdogan, sei bereit, für Gaddafi ein sicheres Exil zu organisieren. Doch Gaddafi ging auf diese Offerte zumindestens öffentlich gar nicht mehr ein und die Rebellen drohten der türkischen Regierung, man werde die existierenden Verträge türkischer Firmen, die diese mit dem Regime abgeschlossen haben und die sich auf zweistellige Milliardenbeträge summieren, sehr genau prüfen, wenn das Regime in Tripolis erst einmal gefallen ist.

Situation in Syrien wird bedrohlicher

Ein weiterer Grund für die Türkei, sich in Libyen nicht weiter zu exponieren und sich stattdessen in den internationalen Geleitzug einzureihen, ist die immer bedrohlicher werdende Situation im Nachbarland Syrien. Auch in Syrien versucht die türkische Regierung, sowohl mit dem Regime von Baschar al-Assad als auch mit der syrischen Opposition zu sprechen.

Allerdings ist die Situation in Syrien für die Türkei ungleich kritischer. Über die mehr als 800 Kilometer lange Grenze sind mittlerweile 11.000 Syrer in die Türkei geflohen, weshalb Erdogan und Davutoglu in Damaskus immer wieder darauf drängen, die Gewalt gegen Demonstranten einzustellen. Andererseits fürchtet man in Ankara genauso wie in der EU, dass nach einem Sturz von Assad in Syrien das Chaos ausbrechen könnte.

Bei einem Treffen mit dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle in Istanbul, unmittelbar vor seiner Reise nach Libyen, machte Davutoglu klar, dass es für ihn das Wichtigste sei, die Gesprächskanäle zu beiden Seiten in Syrien offen zu halten. Anders als im Fall Libyens wird die Türkei dabei von der EU und den USA unterstützt. Westerwelle berichtete, er hätte ebenfalls erst vor wenigen Tagen einen Sonderemissär nach Damaskus geschickt, es sei wichtig, im Gespräch zu bleiben. Aus Kreisen der Westerwelle-Delegation war zu hören, dass man auch in Berlin nach wie vor hoffe, mit Assad zu einer Lösung zu kommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.