Türkisch-syrischer Grenzkonflikt: Solidarität ja – aber nur keinen Krieg

Europäer, USA und Nato stellen sich offiziell hinter Ankara, doch die Furcht vor einer Eskalation des Streits zwischen der Türkei und Syrien wächst.

Türkische Militärs inspizieren die Grenze zu Syrien. Bild: dpa

ISTANBUL taz | Im Westen wächst die Sorge, durch die Türkei in einen Krieg mit Syrien hineingezogen zu werden. Nur um seinem türkischen Kollegen Ahmet Davutoglu noch einmal klarzumachen, dass man am Bosporus die Solidaritätserklärungen der Nato nicht falsch verstehen sollte, war Bundesaußenminister Guido Westerwelle auf seinem Rückflug von China am Samstag in Istanbul zwischengelandet.

Im Gespräch mit Davutoglu machte Westerwelle klar, dass Deutschland und die Nato zwar im Prinzip mit der Türkei solidarisch sind, einen Krieg mit Syrien aber auf jeden Fall vermeiden wollen.

Westerwelle erklärte anschließend vor Journalisten, die Türkei solle bitte auf mögliche zukünftige Zwischenfälle besonnen und verhältnismäßig reagieren. Tagelang hatten sich beide Seiten zuletzt entlang der 900 km langen Grenze beschossen. Am Samstag meldeten türkische Nachrichtenagenturen, F-16-Kampfflugzeuge hätten syrische Hubschrauber auf syrischem Gebiet abgedrängt, die sich der Grenze nähern wollten.

Die Türkei hat mittlerweile ihre Truppen entlang der Grenze massiv verstärkt und zusätzlich Panzerverbände wie auch Kampffluggeschwader in die Nähe verlegt. Am Wochenende sperrte es seinen Luftraum für syrische Passagierflugzeuge.

Damaskus wiederum hatte am Samstag türkischen Maschinen den Überflug über syrisches Gebiet verboten. Auf ein Angebot der syrischen Staatsführung, an der Grenze eine Art Sicherheitspartnerschaft einzugehen, ging Außenminister Davutoglu dagegen nicht ein.

Syrische Medien berichteten, der Vorschlag gehe auf eine Anregung des russischen Außenministers Lawrow zurück. Ankara ist offenbar nicht interessiert. Davutoglu verwies in seiner Antwort auf Westerwelle stattdessen darauf, dass die türkisch-syrische Grenze auch für die Nato eine Außengrenze sei, die sie genauso schützen müsse wie die norwegische Grenze mit Russland.

Er ließ auch keinen Zweifel daran, dass die türkische Armee „handeln“ werde, wenn es von syrischer Seite erneut zu Grenzverletzungen kommt.

Zweifel an den Grenzprovokationen

Westerwelle hat, wie zuvor auch das US-Außenministerium und der Nato-Rat, der Türkei zwar Unterstützung gegenüber Syrien zugesagt. Hinter den Kulissen wird gezweifelt, von wem die Grenzprovokationen eigentlich ausgehen.

„Für Assad macht es ja eigentlich wenig Sinn, die Türkei zu beschießen“, hieß aus der deutschen Delegation. Eine nicht genau identifizierte Granate sei deshalb sicher kein Grund, die Nato-Beistandsverpflichtung auszulösen.

Genauso irritierend sei es, dass die türkische Regierung bislang immer noch nicht genau sagen kann, welches militärische Gerät sie eigentlich beschlagnahmt hat, nachdem am Mittwochabend ein aus Moskau kommendes syrisches Passagierflugzeug in Ankara zur Landung gezwungen worden war.

Ministerpräsident Erdogan hatte behauptet, es handele sich um brisante Militärtechnik. Doch alle offiziellen türkischen Stellen weigern sich, Genaueres zu sagen.

Bauteile Radarsysteme?

Mittlerweile haben auch russische Medien eingeräumt, es könnte sich um Elektronik für Radarsysteme handeln, die aber für die Passagiere in dem Flugzeug in keiner Weise gefährlich gewesen sei.

Türkische Zeitungen kolportieren, es handele sich um modernste Elektronik für Syriens Flugabwehr. Die Bauteile, hieß es Samstag in Istanbul, würden derzeit von amerikanischen Spezialisten untersucht.

Das würde erklären, warum die Türkei so ein großes Interesse daran hat. Die Flugabwehr ist eine der größten Herausforderungen, wenn entlang der Grenze wirklich eine aus der Luft überwachte Flugverbotszone eingerichtet werden soll.

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