Tugendwächter in Redaktionen: Felix Klein rät Medien zu Antisemitismus-Ansprechpartnern
Der Antisemitismusbeauftragte meint, Medien bräuchten Expertise beim sensiblen Thema Antisemitismus. Dabei ist er bei dem Thema selbst oft unsensibel.

kna/taz | In allen großen Medienhäusern in Deutschland sollte es feste Ansprechpartner für Antisemitismusfragen geben, das sagte der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, in einem Interview der „Welt am Sonntag“. In Behörden und Universitäten sei dies bereits üblich, fügte er hinzu: „Gerade in Redaktionen, in denen täglich Entscheidungen getroffen werden, welche Themen auf welche Weise in die Öffentlichkeit gelangen, ist das von entscheidender Bedeutung.“
Es gehe nicht nur um Fakten, „sondern um die Vermittlung von Haltung, um Verantwortung für das gesellschaftliche Klima“, ergänzte Klein. Der Umgang mit Israel, mit dem Nahost-Konflikt und mit jüdischem Leben in Deutschland seien Themen, die die Gesellschaft emotional stark aufladen könnten: „Und gerade deshalb brauchen wir hier ein professionelles, sachkundiges Fundament.“
Er freue sich, dass es mittlerweile den Verband Jüdischer Journalistinnen und Journalisten gebe, so Klein weiter. Dieser könne künftig auch als Ansprechpartner und Partner für Medien dienen. Der Beauftragte berichtete weiter, der Verband werde aus seinem Haushalt unterstützt, erstmals im kommenden Jahr, weil er eine Lücke fülle, die lange bestanden habe: „Er kann journalistische Redaktionen beraten, Schulungen anbieten, rechtliche Expertise liefern und dabei helfen, Vorurteile zu erkennen, bevor sie sich in die Berichterstattung einschleichen.“
Ein breit interpretierter Arbeitsauftrag
Klein selbst ist nicht unumstritten. In der Vergangenheit hat er seinen Auftrag, Antisemitismus entgegenzutreten, sehr großzügig interpretiert.
Dem kamerunischen Historiker Achille Mbembe etwa warf er vor, seine Arbeit weise „alle Merkmale des israelbezogenen Antisemitismus“ auf. Mbembe hatte zu Parallelen zwischen Kolonialismus und Holocaust geforscht und die israelische Besatzungspolitik des Westjordanlandes mit der Apartheid in Südafrika verglichen – ein Vergleich, den führende Menschenrechtsorganisationen teilen.
Als Trump im Februar dieses Jahres seinen Vertreibungsplan für Gaza vorstellte, zeigte sich Klein bereit, „radikal und einmal völlig neu zu denken“.
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