Tunesien liefert Gaddafi-Vertrauten aus: „Ein Staatsverbrechen“

Nach der Auslieferung des libyschen Ex-Regierungschefs Al-Mahmoudi an sein Heimatland wird in Tunesien Kritik laut. Der Staatspräsident fühlt sich übergangen.

Wurde am Sonntag den libyschen Behörden übergeben und umgehend inhaftiert: der Gaddafi-Vertraute und Ex-Regierungschef Al-Baghdadi al-Mahmudi (Mitte). Bild: reuters

MADRID taz | Die tunesische Regierung hatte kein Einsehen mit dem letzten libyschen Premierminister unter Muammar al-Gaddafi, Ali al-Baghdadi al-Mahmoudi. Der 67-Jährige wurde am Sonntag nach Tripolis überstellt, wo er sofort verhaftet wurde. Al-Mahmoudi saß seit dem 21. September vergangenen Jahres in tunesischer Haft.

Die Abschiebung war das Ergebnis „intensiver diplomatischer Anstrengungen“, feierte die libysche Übergangsregierung den Entschluss Tunesiens. Regierungschef Abdel Rahim al-Kib versicherte: „Der Beschuldigte wird gut behandelt werden, im Einklang mit den Lehren unserer Religion und den internationalen Normen in Sachen Menschenrechte.“

In Tunis selbst wollen dies nicht alle glauben. Die Überstellung al-Mahmoudis, die im November von einem Gericht als rechtens angesehen wurde, stößt auf Kritik. Die nachrevolutionäre Regierung unter dem Islamisten Hamadi Jebali hatte den Beschluss gefasst, al-Mahmoudi am Sonntag in ein Flugzeug zu setzen, ohne zuvor den tunesischen Staatspräsidenten Moncef Marzouki zu verständigen und dessen Zustimmung einzuholen.

Ungewöhnlich harter Ton

Die Abschiebung um 5 Uhr morgens sei „ein Staatsverbrechen“, wettert der tunesische Anwalt al-Mahmoudis, der bis zuletzt argumentiert hatte, in Libyen sei kein rechtsstaatlicher Umgang mit seinem Klienten zu erwarten. „Al-Mahmoudi war seit einer Woche völlig isoliert. Ich konnte ihn nicht besuchen“, beschwert sich der Verteidiger.

Der gesamte Prozess der Abschiebung habe gegen „das Gesetz, humanitäre Regeln und die Menschenrechte“, verstoßen. Al-Mahmoudi hatte beim Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNCHR) einen Antrag gestellt, als Flüchtling anerkannt zu werden.

Präsident Marzouki, der Gründer des sozialdemokratischen Kongresses für die Republik (CPR), schließt sich dieser Kritik an. Sein Amt veröffentlichte noch am Sonntag ein Kommuniqué, in dem die Regierung Jebali in ungewöhnlich hartem Ton kritisiert wird. Es handle sich um „eine illegale Entscheidung“, die Regierung habe „ihre Befugnisse überschritten“ und „dem Ansehen Tunesiens geschadet“.

Illegaler Grenzübertritt

Al-Mahmoudi war vom 5. März 2006 bis zu seiner Flucht nach Tunesien am 23. August 2011, kurz vor Zusammenbruch des Gaddafi-Regimes, der Vorsitzende des Allgemeinen Volkskongresses, ein Amt, das dem des Regierungschefs gleichkam. Einen Monat nach seiner Flucht wurde er in Tunesien wegen illegalen Grenzübertritts festgenommen.

Jetzt droht ihm der Prozess. „Ich hatte keine militärische Rolle“, beteuerte al-Mahmoudi immer wieder. Er zeigte sich sogar bereit, mit der Übergangsregierung in seiner Heimat zusammenzuarbeiten, falls diese die Strafverfolgung gegen ihn einstellen würde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.