Tunesien nach der Revolution: Karawane endet mit Gewalt

In Tunis werfen Demonstranten mit Steinen, die Polizei antwortet mit Tränengas. Vertreter des alten Regimes erhalten Hausarrest. Und Ägyptens Regierung sorgt sich ums Image bei Investoren.

Teilnehmer der "Karawane der Befreiung" versammeln sich am Sonntag im Tunis um für eine Regierung ohne Vertreter des alten Regimes zu demonstrieren. Bild: dpa

TUNIS/ALGIER/PARIS dpa/dapd/afp | In der tunesischen Hauptstadt Tunis ist es am Montagvormittag erneut zu Zusammenstößen zwischen Gegnern der Übergangsregierung und der Polizei gekommen. Demonstranten warfen nach Augenzeugenberichten Steine auf Sicherheitskräfte und versuchten Beamte am Betreten des Regierungsgebäudes zu hindern. Die Polizei setzte daraufhin Tränengas ein. Wenig später beruhigte sich die Lage wieder. Über Verletzte gab es zunächst keine Angaben.

Die Demonstranten gehörten zu einer Gruppe von mehreren hundert Menschen aus der Stadt Sidi Bouzid, die bereits die Nacht über vor dem Regierungssitz ausgeharrt hatte. Sie waren zuvor in einer "Karawane der Befreiung" in die Hauptstadt gezogen, um einen Rücktritt sämtlicher Gefolgsleute des gestürzten Ex-Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali zu fordern. In Sidi Bouzid hatte der Aufstand gegen den nach Saudi-Arabien geflohenen Ben Ali im Dezember seinen Anfang genommen.

Unterdessen wurde bekannt, dass die tunesische Polizei jetzt gegen frühere Verbündete von Zine El Abidine Ben Ali vorgeht. Nach einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur TAP wurde der frühere Senatspräsident Abdallah Kallel ebenso unter Hausarrest gesetzt wie Ben Alis Berater Abdelaziz Ben Dhia. Nach einem dritten Gefolgsmann wurde noch gesucht. Der Chef eines großen Fernsehsenders sei festgenommen worden, hieß es.

Der Präsident des in Tunesien beliebten privaten Senders Hannibal TV wurde nach TAP-Angaben gemeinsam mit seinem Sohn festgenommen. Ihnen wird Hochverrat vorgeworfen. Sie sollen ihren Einfluss auf den Sender genutzt haben, um die Rückkehr Ben Alis vorzubereiten. Der Sender habe unmittelbar nach den Festnahmen seinen Betrieb eingestellt.

In Algerien ist ein 35-jähriger Mann gestorben, der sich selbst angezündet hatte. Karim Bendine sei im Krankenhaus von Douera etwa 20 Kilometer südwestlich von Algier seinen schweren Verletzungen erlegen, teilten die Behörden am Sonntag mit. Der mit mentalen Problemen kämpfende 35-Jährige hatte sich am 18. Januar selbst angezündet.

Insgesamt haben sich in Algerien seit dem 12. Januar acht Menschen selbst angezündet. Bendine ist das erste Todesopfer. In Tunesien hatte die Selbstanzündung eines verzweifelten Mannes die Jasmin-Revolution ausgelöst.

Die ägyptische Regierung sorgt sich derweil mit Blick auf die Vorgänge in Tunesien um ausländische Investoren. Diese befürchteten, die Unruhen in Tunesien könnten sich auf andere Länder in Nordafrika und dem Nahen Osten ausbreiten, sagte der ägyptische Handelsminister Rachid Mohammed Rachid am Sonntag vor Journalisten. Die Lage in Tunesien "weckt Fragen nach der politischen Stabilität".

US-Außenministerin Hillary Clinton forderte die tunesische Führung zu zügigen ökonomischen und politischen Reformen auf. Ihr Sprecher sagte am Samstag, Clinton habe in einem Telefonat mit dem tunesischen Ministerpräsidenten Mohamed Ghannouchi ihre Unterstützung für weitere Reformen ausgedrückt und US-Hilfe bei der Verwandlung des Landes in eine Demokratie angeboten. Es war bereits Clintons zweites Telefonat mit der tunesischen Führungsspitze seit der Flucht Ben Alis. Ministerpräsident Ghannouchi war ein langjähriger Weggefährte von Ben Ali. Er versprach, sein Amt nach den Wahlen zu räumen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.