Turbulenzen bei Tennis Borussia: Unvereinbar im Verein

Nach einer recht seltsamen Mitgliederversammlung steht der Fußball-Oberligist vor der Zerreißprobe. Ein Wochenkommentar.

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Strittiges Thema derzeit: Wem gehört eigentlich TeBe? Foto: dpa

Der Berliner Amateurfußball ist seit dieser Woche um eine bekloppte Investoren-Anekdote reicher. Tennis Borussias autokratisch agierender Investor Jens Redlich soll Wahlvolk für die Mitgliederversammlung am Mittwochabend angeworben haben, um seine eigenen Kandidaten in den Aufsichtsrat zu bringen – und das erfolgreich. Von einem Reisebus bulgarischer Bauarbeiter bei der Versammlung berichteten fassungslose Fans, von Menschen, die sagten, ihr Chef habe sie geschickt, und zugaben, nie zuvor bei TeBe gewesen zu sein. Und von plötzlichen 586 Stimmabgaben – bei der letzten Mitgliederversammlung sollen es 86 gewesen sein.

Redlich bestreitet all das natürlich. Und Tennis Borussia Berlin, Traditionsclub und derzeit Fünftligist mit Aufstiegsträumen, hat sich in eine kaum lösbare Lage gebracht. Die Verwerfungen zwischen Fanszene und Investor sind so tief, dass es längst um Entweder-oder geht, entweder bleibt Redlich oder die aktiven Fans. Der Schaden ist unabhängig vom Ausgang groß.

Die TeBe-Führung hat sich verkalkuliert. Die linke Fanszene sollte zurückgedrängt werden, um den Klub für neues Publikum zu öffnen. Aber wer die verprellt, die da sind, steht schnell allein da.

Der im Fußball unerfahrene Jens Redlich wirkt völlig überfordert mit der Situation. Die Schelte aber, Tennis Borussia habe sich naiv einem Geldgeber angedient, ist dennoch heuchlerisch: Denn anders ist ambitionierter Amateurfußball ja kaum noch zu machen. Die Erst- und Zweitligisten ziehen große Teile ihres Budgets längst aus Fernsehgeldern und Marketing. Kleine Vereine wie TeBe müssen fast ohne solche Quellen auf demselben ständig wachsenden Markt mit seinen inflationären Transfersummen agieren. Und wer nicht zufällig 5.000 Zuschauer zieht zu den Spielen – was unterhalb der dritten Liga so gut wie kein Verein schafft –, kommt um die Wundertüte „Reicher Mann“ kaum herum. Der ist manchmal nett und manchmal, pardon, ein Arschloch.

Die wahren Schuldigen an der Misere von Tennis Borussia sind daher DFB und Uefa, die es beharrlich versäumen, den eigenen Fußballmarkt ausreichend zu regulieren. 2,5 Millionen Euro will Jens Redlich nach eigenen Angaben bis Saisonende in den Fünftligisten TeBe gesteckt haben, in etwas über zwei Jahren. Zum Vergleich: Das komplette Jahresbudget eines ambitionierten Frauen-Erstligisten wie Turbine Potsdam wird auf 1,5 Millionen geschätzt. Guter Fußball kann so günstig sein. Wenn man will.

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