U-Bahn: Die BVG lädt zur Stuhlprobe

Ab sofort dürfen die Fahrgäste der BVG über die künftigen Sitze im Untergrund abstimmen. Dafür dürfen sie Probe sitzen.

Keine Schwarzfahrer, sondern Probesitzer. Bild: DPA

Eine furchtbare Vorstellung: Die U-Bahn ist voll, es gibt nur noch Stehplätze. Fast genau so schlimm ist es, auf einem ranzigem oder steinharten sitzartigen Gegenstand Platz nehmen zu müssen, um eine gefühlte Ewigkeit durch die Berliner Unterwelt zu zuckeln. Das hat offenbar auch die BVG begriffen: „Der Allerwerteste entscheidet“ heißt es. An mehr als 20 Stationen sollen die Fahrgäste bis Ende Oktober die neue Bestuhlung testen.

Dienstagmorgen im U-Bahnhof Alexanderplatz. Die Rushhour ist gerade vorüber. Auf dem Ankunftsbahnsteig der U5 sind Scheinwerfer auf einen leeren Zug gerichtet. Davor ein Mischpult und Lautsprecher. Absperrbänder und Sicherheitsleute signalisieren: Hier ist etwas Besonderes im Gang. Deswegen hat auch erstmal nur die Presse Zugang. „Herzlich willkommen zur heutigen Sitzprobe“, ruft Mattel Beck feierlich. Für eine Sitzprobe ist der Leiter der BVG-Unternehmenskommunikation sehr elegant gekleidet. Auf dem Bahnsteig gegenüber warten Menschen auf die Bahn nach Hellersdorf. Einige sehen fassungslos aus, andere neugierig. Dass nun die Fahrgäste über die Sitze entscheiden könnten, sei eine „tolle Idee“, sagt der U-Bahnchef der BVG, Hans-Jürgen Kaiser, in breitem Sächsisch. Er bitte die Presse, auf die Sitzproben aufmerksam zu machen, „damit die Leute richtig wachgerüttelt werden“.

Dann geht es rein in den Waggon. Im Bildschirm unter der Decke wird gerade vermeldet, dass Diane Kruger in Paris Kaffee und Kuchen vermisst. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Konzentration ist angesagt. Sieben unterschiedliche Sitzelemente sind aufgestellt, alle im „Nachtschattendesign“, wie die BVG es nennt. Die Fahrgäste sollen keine Farbe auswählen, sondern die Form und die Beschaffenheit der Kunststoffschalensitze beurteilen.

Eigentlich fühlen sich alle ziemlich ähnlich an: Eher hart und unbequem. Nur bei einem hat man für den Bruchteil einer Sekunde den Eindruck, zu versinken. „Welcher darf’s denn sein?“ fragt Dan Seifert mit seiner gelben Sitzprobenjacke. Die ausgewählte Nummer tippt Seifert in ein I-Pad, so wie er es in den kommenden zwei Wochen wohl noch tausende Male tun wird. Am Ende ihrer selbst bezeichneten „Road Show“ will die BVG vier der von ihr gezeigten Sitze verlosen. Man verlässt den U-Bahnzug mit dem Gefühl, etwas sehr Wichtiges geleistet zu haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.