UN-Blauhelmmandat verschärft: UNO im Kongo wird mutiger

Das neue Mandat der UN-Blauhelme im Kongo hebt den Schutz von Zivilisten auch vor staatlicher Gewalt hervor. Der Regierung Kabila gefällt das nicht.

Ein Zivilist mit Regenschirm läuft an Polizisten in Kampfmontur vorbei

Wenn das nicht gut ausgeht, soll die UNO eingreifen: Kinshasa bei Protesten am 25.2.2018 Foto: reuters

BERLIN taz | Der Schutz von Zivilisten und die Umsetzung der Vereinbarungen über freie Wahlen bilden zukünftig den Kern des Mandats der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo (Monusco). Die am Dienstag in New York einstimmig vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution 2409 zur Verlängerung des Monusco-Mandats schärft das politische Profil der mit 16.215 Blauhelmsoldaten größten UN-Truppe der Welt deutlich – in einem Kontext sich zuspitzender Spannungen.

Denn in den vergangenen Wochen wurden nicht nur die humanitären Lageberichte aus Kongos Bürgerkriegsgebieten immer alarmierender – auch die Menschenrechtslage ist Thema unüblich deutlicher Kritik seitens der UNO. Der Titel des soeben veröffentlichten neuen Berichts des UN-Menschenrechtsbüros in Kinshasa spricht für sich: „Illegale, ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Gewalt bei der Behandlung öffentlicher Demonstrationen in der Demokratischen Republik Kongo von Januar 2017 bis Januar 2018“.

Der Bericht zählt mindestens 47 Tote beim Niederschlagen friedlicher Proteste durch Sicherheitskräfte im Jahr 2017 und geißelt „Straflosigkeit“ und „die immer weitere Einschränkung demokratischer Freiräume“, außerdem die Vertuschung staatlicher Gewaltakte.

Das neue UN-Mandat hebt nun hervor, dass der Schutz von Zivilisten auch für friedliche Demonstrationen gilt. Es ermöglicht damit, dass UN-Blauhelme einschreiten, um Polizeigewalt gegen politische Proteste zu verhindern. Das wäre eine Neuerung und müsste eine verstärkte Stationierung von UN-Truppen in Kongos großen Städten nach sich ziehen, statt wie bisher vor allem in Bürgerkriegszonen.

Es würde auch zu einer politischen Konfrontation zwischen UNO und der Regierung von Präsident Joseph Kabila führen – in einem Jahr, das nach offiziellen Angaben ein Wahljahr im Kongo werden soll, nachdem der eigentliche Wahltermin 2016 und auch das Folgejahr 2017 ohne Urnengang verstrichen sind, obwohl eine unter Vermittlung der katholischen Kirche ausgehandelte Vereinbarung am 3. Dezember 2016 Wahlen innerhalb eines Jahres vorsah. Seit dem Bruch dieser Vereinbarung steht die Kirche an vorderster Front der Proteste gegen Kabila.

Wahlen nicht der Regierung überlassen

Der von Kongos Wahlkommission verkündete Wahltermin des 23. Dezember 2018 steht nun auch in der UN-Resolution, ebenso die dafür von der Wahlkommission und vom Parlament zu erfüllenden Bedingungen. Die UN-Mission soll bei der Gewährleistung der Wahlen „mit Gesprächspartnern im gesamten politischen Spektrum“ zusammenarbeiten: Regierung, Oppositionsparteien, Zivilgesellschaft, regionale und internationale Organisationen.

Im Klartext heißt das: Wahlen im Kongo werden nicht der Regierung überlassen. Die Resolution fordert auch ausdrücklich Präsident Kabila zu „vertrauensbildenden Maßnahmen“ auf, darunter die Freilassung politischer Gefangener und das Ende der Verfolgung von Oppositionellen. Die ausdrückliche Erwähnung Kabilas war zuvor ein Streitpunkt gewesen: Afrikanische Länder hatten das nicht gewollt.

All dies gefällt der Regierung überhaupt nicht. Man verstehe nicht, wieso die UNO sich so ausführlich mit Kongos Wahlen befasse, reagierte am Mittwoch Regierungssprecher Lambert Mende.

Neue Ermittlungen gegen Moise Katumbi

Und parallel zur UN-Sicherheitsratssitzung kündigte Kongos Generalstaatsanwalt Ermittlungen gegen Kongos beliebtesten Oppositionsführer an – den seit 2016 im belgischen Exil lebenden Moise Katumbi. Der soll seit 2007 einen italienischen Pass besessen haben. Doppelte Staatsbürgerschaft ist nach kongolesischem Recht verboten. Im Internet kursieren angebliche Kopien von Katumbis italienischem Pass.

Seine Anhänger nennen dies eine plumpe Fälschung – und jeder Kongolese weiß, dass viele Angehörige der Elite mit fremden Pässen reisen und ihre Zweitwohnsitze in Ländern wie Belgien oder Südafrika pflegen.

Auch die Gewalt in Kongos Bürgerkriegsgebieten geht weiter. Am Dienstagabend starben mindestens zehn Zivilisten bei Angriffen unbekannter Bewaffneter am Rande der ostkongolesischen Großstadt Beni, während wieder einmal Regierungssoldaten nicht eingriffen. Als am Mittwoch Einwohner von Beni gegen die Gewalt demonstrierten, reagierte die Polizei mit Tränengas und Schüssen.

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