UN-Mission im Kongo: UNO will Verbrechen nicht decken

Die weltgrößte UN-Blauhelmmission will die Zusammenarbeit mit der für Massaker verantwortlichen kongolesischen Armee einschränken. Die Regierung Kongos droht mit dem Rauswurf der UNO.

Die Hilfsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte ebenso ein Ende der Unterstützung der kongolesischen Regierungstruppen durch die UN gefordert. Bild: dpa

BERLIN taz | Die UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo (Monuc) will künftig dem Schutz der Zivilbevölkerung in ihren Einsatzgebieten "höchste Priorität" beimessen. Dieser Strategiewechsel, eine Reaktion auf wachsende Kritik an der Zusammenarbeit zwischen UN-Blauhelmen und der für Massaker verantwortlichen Regierungsarmee im Ostkongo, stünde in neuen Einsatzregeln, sagte der Monuc-Chef am Mittwoch vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.

Anfang der Woche hatte die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" der UNO "Verwicklung" in Kriegsverbrechen der Armee beim Kampf gegen die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) im Ostkongo vorgeworfen. Regierungssoldaten, die im Rahmen der Operation "Kimia II" die FDLR bekämpfen, und FDLR-Einheiten hätten jeweils über 700 Zivilisten getötet. Aber die Regierungstruppen werden von Monuc logistisch unterstützt.

Mit knapp 20.000 Soldaten und einem Jahresbudget von 1,3 Milliarden Dollar ist Monuc die größte UN-Mission der Welt. Ihr Mandat läuft zum Jahresende aus. Voraussichtlich am Montag wird der Sicherheitsrat es verlängern, aber nach dem Wunsch der UN-Zentrale nur um sechs Monate mit einem "vereinfachten Mandat". In dieser Zeit sollen "detaillierte Diskussionen" mit Kongos Regierung über die Zukunft der Mission geführt werden.

Diese Diskussionen dürften spannend werden. In Reaktion auf Berichte, wonach das verlängerte Monuc-Mandat aktivere Maßnahmen der Blauhelmsoldaten zum Schutz von Zivilisten enthalten könnte, hat Kongos UN-Botschafter Atoki Ileka mit einem Rausschmiss der Mission gedroht: Die UNO habe zu solchen Maßnahmen "kein Recht", sagte er in einem Interview: "Dies ist komplett inakzeptabel. Wir werden diese Resolution ablehnen, und es wird einen Krise geben. Wir können die (UN-)Führung hinauswerfen."

In der Praxis würde Kongos Regierung ohne Blauhelme in kürzester Zeit die Kontrolle über den Großteil des Landes verlieren. Sie verlässt sich auf UN-Flugzeuge, um entlegene Gebiete des Kongo ohne Straßenanbindung oder kommerziellen Flugverkehr zu erreichen, und nur dank der UN-Präsenz ist Ostkongo in den letzten Jahren nicht längst wieder an Rebellen gefallen.

Die berüchtigte Armeeoperation "Kimia II" soll nun zum 31. Dezember enden, sagte Monuc-Chef Alan Doss am Mittwoch. Somit wäre ab 2010 die Frage erledigt, ob UN-Einheiten sich durch logistische Hilfe an Soldaten, die Zivilisten töten, an Kriegsverbrechen mitschuldig machen. In Zukunft sollten UN-Blauhelme im Ostkongo nur noch "gezielte Operationen" der Armee unterstützen, so Doss. Die Blauhelme würden Schutzzonen für fliehende Zivilisten einrichten, deren Zahl im Ostkongo inzwischen über 1,5 Millionen beträgt.

In der Zwischenzeit geht alles weiter wie bisher. Der UN-Rundfunk im Kongo meldete gestern, seit Dienstag laufe eine Großoffensive der Armee gegen FDLR-Hochburgen um den Ort Kanyabayonga in der Provinz Nord-Kivu. Während Regierungstruppen in das bergige Waldgebiet vorrückten, seien auch UN-Einheiten unterwegs, um die Bevölkerung vor den Soldaten zu schützen. Die Monuc habe die Menschen aufgerufen, nicht in Panik zu geraten und nicht die Flucht zu ergreifen. Das ist der Alltag im Ostkongo.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.