US-Außenminister zu Nawalny-Vergiftung: Pompeo beschuldigt Putin-Regierung

Anders als US-Präsident Donald Trump vermutet sein Außenminister Mike Pompeo „hohe Regierungsmitglieder“ Russlands hinter dem Anschlag auf Nawalny.

US-Außenminister Mike Pompeo vor einer US-Fahne

Sieht den Kreml direkt in die Nawalny-Vergiftung involviert: US-Außenminister Mike Pompeo Foto: reuters

WASHINGTON afp/rtr | Der Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexei Nawalny ist nach Einschätzung von US-Außenminister Mike Pompeo wahrscheinlich von hoher Stelle in Moskau angeordnet worden. Es gebe eine „erhebliche Wahrscheinlichkeit“, dass „hochrangige Regierungsmitarbeiter“ hinter dem Anschlag steckten, sagte Pompeo am Mittwoch in einem Radiointerview. Es habe sich um den Versuch gehandelt, „einen Dissidenten zu vergiften“.

Pompeos Äußerungen hoben sich in bemerkenswerter Weise von einer vorherigen Stellungnahme von US-Präsident Donald Trump zum Fall Nawalny ab. Trump hatte am Freitag gesagt, ihm lägen noch keine Beweise für einen Giftanschlag vor. Dem US-Präsidenten wird von Kritikern immer wieder eine zu nachgiebige und freundliche Haltung gegenüber dem russischen Staatschef Wladimir Putin vorgeworfen.

Im Unterschied zu Trump konstatierte Pompeo nun als Faktum, dass der russische Oppositionelle vergiftet wurde. Er sagte auch, dass die US-Regierung herauszufinden versuchen werde, wer für den Anschlag verantwortlich sei. Mit dieser Untersuchung solle auch „das Risiko reduziert werden, dass solche Dinge wieder passieren“. „Ich denke, die Welt ist gereift und hat sich darauf verständigt, dass normale Länder nicht so arbeiten, und dies wird sich für die Russen als kostspielig erweisen“, sagte Pompeo.

Die Bundesregierung in Berlin hatte am Mittwoch vergangener Woche mitgeteilt, ein Speziallabor der Bundeswehr habe „zweifelsfrei“ nachgewiesen, dass der 44-jährige Putin-Gegner in Russland mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Seit dieser Erklärung haben sich die Spannungen zwischen Berlin und Moskau massiv verschärft.

Russische Regierung weist jede Verantwortung zurück

Die russische Regierung weist jede Schuld an dem Gesundheitszustand Nawalnys zurück, der in der Berliner Klinik Charité behandelt wird. Nach Darstellung Moskaus sollen bei der vorherigen zweitägigen Behandlung und Untersuchung Nawalnys in einem sibirischen Krankenhaus keine Spuren von Gift in dessen Körper gefunden worden sein.

Das russische Außenministerium erklärte jetzt nach einem Gespräch mit dem deutschen Botschafter in Moskau, sollte die Bundesregierung nicht die Befunde des Bundeswehr-Speziallabors zur Verfügung stellen, werde dies als „grobe, feindliche Provokation“ betrachtet, die Folgen für die diplomatischen Beziehungen haben könne.

Die Bundesregierung hatte zuvor mitgeteilt, sie werde Russland zunächst nicht die genauen Laborbefunde übergeben. Die Laborergebnisse seien der internationalen Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) übermittelt worden, der auch Russland angehöre, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Vize-Regierungssprecherin Martina Fietz sagte, die Bundesregierung werde „das weitere Vorgehen“ und „alle weiteren Fragen“ über die OPCW zu klären versuchen. Die Bundesregierung betrachtet den Fall Nawalny nicht als bilaterale Angelegenheit.

Im Gespräch mit dem deutschen Botschafter protestierte die russische Regierung gegen „unbegründete Anschuldigungen und die Ultimaten“ Deutschlands. Die Bundesregierung nutze den Fall Nawalny, um Russland „auf der internationalen Bühne zu diskreditieren“, erklärte das Außenministerium.

Die G7-Staatengruppe, zu der Deutschland und die USA gehören, hatte am Dienstagabend schnellstmögliche Aufklärung von Russland über den Fall Nawalny verlangt. Moskau müsse „dringend“ die Täter hinter der „bestätigten Vergiftung“ der Justiz übergeben, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister. Russland müsse „volle Transparenz schaffen, wer verantwortlich ist“. Als Reaktion darauf prangerte Moskau eine „Desinformationskampagne“ an, die als Vorwand für neue Sanktionen gegen Moskau dienen solle.

Die EU fasst wegen des Falls Nawalny mögliche Strafmaßnahmen gegen Russland ins Auge. Die Bundesregierung schließt dabei auch einen Stopp der Arbeiten an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 nicht aus, die russisches Erdgas nach Deutschland liefern soll.

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