US-Folksänger Peter Walker: Raga für Regentage

Der Beatles-Pressesprecher hielt ihn für den weltbesten Gitarristen: Erstmals tritt der psychedelische Songwriter Peter Walker in Deutschland auf.

Testet, was mit einer Akustikgitarre alles möglich ist: Peter Walker. Bild: John Colliere

Dreiundvierzig Jahre lagen die Aufnahmen in einem alten Truck, der früher mal eine fahrende Bäckerei war und heute auf einem Grundstück in Woodstock geparkt ist. Drinnen wohnt Peter Walker, ein 76-jähriger Musiker, der als „wahrscheinlich bester Folkgitarrist der Welt“ gilt, wenn es nach Derek Taylor geht, dem flamboyanten Pressesprecher der Beatles.

Jahrzehntelang blieb Walker in der Versenkung verschwunden – nach drogeninduzierten Auszeiten in Mexiko und Aufenthalten in Indien. Vergangenes Jahr erschien „Has Anybody Seen Our Freedoms?“, das dritte Album von Walker. Er hatte es bereits 1970 aufgenommen, aber nie veröffentlicht.

Es sind Songs voller Geschichten über die Liebe. Aber auch über den Vietnamkrieg, über die enttäuschten Träume der Hippies, über den Charme seines Wohnorts Woodstock. Über das Politische im Privaten. Das Cover ziert neben Walker auch der Bürgerrechtsanwalt William Kunstler, der den Musiker immer wieder unterstützte.

Durch ein Konzert von Ravi Shankar in San Francisco beginnt Walker, sich für indischen Folk zu interessieren, und studiert – zusammen mit George Harrison – bei Shankar und dem Sitarvirtuosen Ali Akbar Khan. Von ihm erlernt er das Sitarspiel in Mammutsitzungen. Anfang der 60er war Walker bereits nach Spanien gereist und bemerkt in seinem Stil frappierende Ähnlichkeiten zur andalusischen Musik. Sowohl Flamenco als auch Raga inspirieren Walker, der sich ab 1966 in der Folkszene des New Yorker Greenwich Village rumtreibt.

19.11. Monarch, Berlin.

21.11. UT Connewitz, Leipzig.

22.11. Stadtgarten, Köln.

Ihr haben die Coen-Brüder mit dem Film „Inside Llewyn Davis“ kürzlich ein Denkmal gesetzt. In Greenwich freundet sich Walker mit den Musikerinnen Sandy Bull und Karen Dalton an und lernt Timothy Leary kennen, den die Medien als „LSD-Guru“ feiern oder vielmehr verteufeln. Als Leary seinen Job in Harvard verliert, ernennt er Walker zum musikalischen Direktor seiner Forschungen über Psilocybin, Meskalin und LSD.

Mit Fingerspitzengefühl

1966 nimmt Walker sein Debütalbum „Rainy Day Raga“ auf, zwei Jahre später folgt „Second Poem To Karmela Or Gypsies Are Important“. Mit beiden erzielt er Achtungserfolge, auf beiden spielt er Gitarre, singt noch nicht. Und dann ist Schweigen. Walker taucht für mehr als 30 Jahre ab. Sein Vertrag läuft aus, er hat finanzielle Schwierigkeiten, zieht drei Kinder groß.

Dafür nimmt er verschiedene Jobs an, studiert Jura, vertritt Taxifahrer vor Gericht. Und spielt weiter zu Hause Gitarre. Als Karen Dalton 1993 an Aids stirbt, ist er bei ihr. Auch nach ihrem Tod bleibt er stundenlang an ihrer Seite, um sie nicht zu stören, im Glauben, sie schlafe nur.

Musiker wie Thurston Moore, die sich von ihm beeinflusst sehen, nehmen 2008 das Tribute-Album „A Raga for Peter Walker“ auf – Walker steuert dafür eigene neue Songs bei. Das Label Tompkins Square veröffentlicht seine alten Alben, während er ebenfalls 2008 ein neues Werk („Echo Of My Soul“) aufnimmt. Dies ist nun erstmals live zu erleben.

Grau- und langhaarig und mit wortwörtlichem Fingerspitzengefühl zeigt Walker, was mit einer Akustikgitarre alles möglich ist. Im Banne des Flamenco kombiniert er Fingerpicking-Stile von Bluegrass und Folk mit Raga-Meditationen. Zwischendurch lässt es Walker auch mal schrammeln.

Immer auf der Akustikgitarre, die E-Gitarre hat ihm nie zugesagt. „Es ist schwierig, damit Nuancen rüberzubringen“, erklärt er in einem Interview für das Magazin Dusted. Walkers Stücke klingen oft experimentell und psychedelisch, auch etwas finster. Aber nie so, als wären sie eingestaubt. Auch nicht in einem alten Truck.

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