US-Studie über Raubkatze: Der Gepard ist ganz Ohr

Erst ihr Gleichgewichtsorgan im Innenohr macht die schnelle afrikanische Raubkatze Gepard zum erfolgreichen Jäger.

Ein Gepard auf der Jagd

Geparden (Acinonyx jubatus) gelten als die schnellsten Landtiere Foto: imago/Anka Agency International

Wenn Kinder vom Gepard und seinen Temporekorden erzählen, bekommen sie immer noch glänzende Augen. Dabei ist das eigentlich Erstaunliche daran weniger die Stundenkilometerzahl als vielmehr die Tatsache, dass die afrikanische Raubkatze nicht unkontrolliert an ihrer hakenschlagenden Beute vorbeirast. Sie verdankt das, wie jetzt US-Forscher herausgefunden haben, ihrem besonderen Gleichgewichtsorgan.

Kein Tier ist auf Land so schnell wie der Gepard, seine Sprints bringen ihn immer wieder in die Nähe der 100-Stundenkilometer-Grenze. Und dabei meistert er auch die abenteuerlichsten Kurven und Wendemanöver. Es ist zwar schon länger bekannt, dass er über spezielle Klauen an den Füßen verfügt, die ähnlich wie ein Reifenprofil arbeiten. Ungeklärt war bislang jedoch, wie der Gepard bei seinen Zickzacksprints die Orientierung und Kontrolle behält, denn im Unterschied zu Autorennfahrern trainiert er dafür nicht. Die Antwort auf diese Frage hat man nun in seinem Innenohr gefunden.

Ein Forscherteam um Camille Grohé vom American Museum of Natural History in New York hat per hochauflösender Computertomographie die Schädel von sieben Geparden untersucht und sie mit denen von zwölf lebenden und zwei ausgestorbenen Katzenarten verglichen. Im Visier hatte man vor allem das Vestibuläre System im Innenohr, das mit seinen flüssigkeitsgefüllten Bogengängen die Beschleunigungskräfte registriert, die am Körper wirken. Dadurch reguliert es die Steuerung der Augen, und es sorgt für räumliche Orientierung sowie eine stabile Körperhaltung. Man bezeichnet es deshalb auch als Gleichgewichtsorgan.

Die Forscher ermittelten, dass dieses Organ beim Gepard rund 40 Prozent des kompletten Innenohrs ausmacht. Das ist 1,3-mal so groß wie bei der Hauskatze und 1,5-mal so groß wie bei der Langschwanzkatze, die den kleinsten Vestibularapparat von allen untersuchten Tieren aufweist. „Außerdem hat er bei den Geparden eine andere Struktur“, betont Grohé. „Der vordere und hintere Bogengang sind deutlich verlängert.“

Für die Evolutionsbiologin steht daher fest: Der Gepard bleibt bei seinen Jagdmanövern auch deshalb in der Spur, weil er das größte Gleichgewichtsorgan von allen Katzen hat. Und in dem sind auch noch jene Bogengänge besonders ausgeprägt, die dafür sorgen, dass Kopf und Augen selbst bei höchstem Lauftempo und abruptestem Richtungswechsel in stabiler Ausrichtung bleiben. Wäre das nicht der Fall, könnte der Gepard zwar schnell laufen, doch er würde dabei einem hakenschlagenden Beutetier wie etwa dem Springbock unmöglich folgen können.

Sein Gleichgewichtsorgan macht die Turbo­raubkatze nicht nur einzigartig unter ihren lebenden Verwandten. Denn Grohé und ihr Team untersuchten auch den fossilen Schädel eines Riesengeparden, aus dem sich die heutige Art entwickelt hat. Man fand darin keine Hinweise auf ein vergleichbar großes Vestibularsystem. „Das hat sich vermutlich erst ausgebildet, als sich die beiden Arten stammesgeschichtlich voneinander getrennt haben“, erklärt Grohé. Und zwar nur beim heutigen Geparden. Sein gigantischer Verwandter hingegen verschwand vor rund 500.000 Jahren für immer von der Bildfläche. Er konnte zwar auch ziemlich schnell laufen – doch eben nur geradeaus.

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