US-Verfahren gegen Flüchtlingshelfer: Hilfe ist kein Verbrechen

Scott Warren war angeklagt, weil er in der Wüste Wasser an papierlose Migranten verteilt hatte. Ins Gefängnis muss er aber nicht – vorerst.

Ein Mann mit nach hinten gebundenen längeren Haaren lächelt vor einer Landkarte

Bleibt vorerst ein freier Mann: Flüchtlingshelfer Scott Warren, hier vor einer Karte Arizonas Foto: rtr

NEW YORK taz | „Es gibt doch noch mutige Arizonans, die in einem historischen Moment für Gerechtigkeit und Freundlichkeit eintreten“, erklärte die Menschenrechtsgruppe No More Deaths am Dienstagabend in Tucson. Minuten zuvor hatte ein Geschworenengericht erklärt, dass sie zu keinem Urteil gekommen seien. Scott Warren, der 36-jährige Geograf und humanitäre Freiwillige, der Wasser in die Wüste trägt, um Mi­gran­tIn­nen das Leben zu retten, konnte das Gericht nach seinem mehr als einwöchigen Prozess als freier Mann verlassen.

Warren war des „Transports von zwei papierlosen Migranten“ angeklagt, und weil er sie angeblich vor der Grenzpolizei versteckt habe. In dem Prozess vor dem Geschworenengericht in Tucson riskierte er eine Gefängnisstrafe von bis zu 20 Jahren. Menschenrechtsgruppen quer durch die USA, aber auch Sprecher der Vereinten Na­tio­nen verstanden die Anklage gegen ihn als einen neuen Versuch, die humanitäre Hilfe für Migranten zu kriminalisieren.

Nachdem es zu keinem Urteil gekommen war, sagte Warrens Hauptverteidiger, Anwalt Gregory Kuykendall, am Dienstagabend: „Humanitäre Hilfe ist kein Verbrechen.“ Der Anwalt betrachtet die Anklage gegen Warren als „Teil von Trumps Strategie, Migranten abzuschrecken“.

Die Anklage, die während des Prozesses vergeblich darzulegen versucht hatte, dass Warren kein humanitärer Helfer, sondern ein Krimineller sei, verließ den Gerichtssaal ohne Kommentar.

Tausende Tote in der Wüste

Seit 15 Jahren versuchen Mitglieder von No More Deaths und anderen Hilfsorganisationen das Massensterben in der Sonora-Wüste südlich von Tucson einzudämmen. Der Grenzabschnitt ist der tödlichste zwischen den USA und Mexiko. Allein in den letzten 20 Jahren sind dort die Gebeine von 7.242 Menschen gefunden wurden. Experten vermuten, dass dort noch sehr viel mehr Menschen bei dem Versuch umgekommen sind, auf diesem Weg in die USA zu gelangen.

Der im Grenzstädtchen Ajo lebende Warren ist nicht nur Wasserträger, sondern hat als Freiwilliger der christlich motivierten Gruppe No More Deaths auch die Überreste von Todesopfern geborgen.

Als er im Januar 2018 zu einem Treffpunkt und Lagerplatz für Wasser und Lebensmittel kam, den No More Deaths seit Jahren in der Nähe von Ajo benutzt, überraschten ihn dort zwei junge Männer aus Honduras und El Salvador. Sie waren ausgehungert, hatten Durst und Blasen an den Füßen. Warren holte medizinischen Rat und erlaubte den beiden anschließend, in „The Barn“ zu übernachten, um wieder zu Kräften zu kommen.

Am dritten Tag organisierten Grenzschützer und der örtliche Sheriff eine Großrazzia, bei der sie Warren und die beiden Mi­gran­ten in Handschellen abführten. Schon vor der jüngsten Anklage gegen Warren hat die Justiz mindestens acht weitere Freiwillige der Gruppe No More Deaths gerichtlich verfolgt.

Für den Geografen Scott Warren bedeutet das Ende des Prozesses ohne eine Verurteilung zunächst lediglich einen Aufschub. Am 2. Juli will ein Bundesrichter in Tucson entscheiden, ob er Warren vor einem Bundesgericht erneut anklagen wird.

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