Übergriff gegen Soldatin: Ermittlungen in Kaserne

Die Staatsanwaltschaft geht dem Vorwurf der sexuellen Nötigung bei der Bundeswehr in Bückeburg nach.

Sexuelle Übergriffe hinter Kasernenmauern: In Bückeburg ermittelt auch jetzt wieder der Staatsanwalt Bild: dpa

HANNOVER taz | Schon wieder Bückeburg: Wegen eines sexuellen Übergriffs in einer dortigen Bundeswehrkaserne ermittelt erneut die Staatsanwaltschaft. Man habe ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung und Körperverletzung eingeleitet, teilte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Bückeburg, Klaus Jochen Schmidt, am Dienstag mit.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag der vergangenen Woche soll eine 18-jährige Soldatin in einer Kaserne der Heeresfliegerwaffenschule in Bückeburg (Kreis Schaumburg) Opfer eines Übergriffs geworden sein. Zu den näheren Umständen und zum Ermittlungsstand hält sich die Staatsanwaltschaft bedeckt. Derweil brodelt es auf Gerüchteebene: So berichtete die Bild-Zeitung zunächst, bei dem mutmaßlichen Täter handele es sich um einen Mann, zahlreiche Kameraden seien bereits von der Polizei verhört worden. Die Lokalpresse dagegen mutmaßte, es handele sich vielmehr um einen Vorfall unter Frauen: Zwischen der 18-Jährigen und einer anderen Soldatin habe es eine wüste Schlägerei gegeben.

Zur Frage, ob man gegen eine mutmaßliche Täterin oder einen mutmaßlichen Täter ermittle, mag sich Oberstaatsanwalt Schmidt unterdessen nicht äußern. Er bestätigt lediglich das Verfahren an sich. Auch die Bundeswehr, die den Vorfall bei der Polizei angezeigt hatte, gibt sich verschwiegen: Die Soldatin sei „selbstverständlich ärztlicher Betreuung zugeführt worden“, psychologische Betreuung stehe der 18-Jährigen bei Bedarf zur Verfügung, erklärt Presseoffizier Michael Baumgärtner. Weitere Angaben macht er mit Hinweis auf die staatsanwaltlichen Ermittlungen nicht.

Mehr als die Hälfte der Männer bei der Bundeswehr sagt, die Truppe verändere sich durch die Integration von Frauen zum Schlechten. Das hat eine jüngst veröffentlichte Studie des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaft der Bundeswehr (ZMSBW) ergeben.

Mehr als die Hälfte der Frauen berichtet laut derselben Studie dagegen von sexueller Belästigung, die sie bei der Bundeswehr erlebt hätten.

In der Vorgängerstudie hatten im Jahr 2008 drei Viertel der betroffenen Soldatinnen angegeben, die sexuelle Belästigung aus Angst nicht gemeldet zu haben. Bei den Vorfällen, die dennoch gemeldet wurden, verliefen die Untersuchungen in knapp der Hälfte im Sand.

Vergleichsdaten liefert die aktuelle Studie nicht: Entsprechende Fragen wurden aus der Neuauflage der Untersuchungsergebnisse rausgekürzt, wie die Grünen-Bundestagsfraktion kritisiert.

Schon 2012 ging die Staatsanwaltschaft einem ähnlichen Verdacht bei den Heeresfliegern nach: Damals ermittelte sie wegen der Vergewaltigung einer 25-jährigen Unteroffizierin. Die Frau soll in einer Bückeburger Kaserne überfallen, vergewaltigt und anschließend in einen Spind gesperrt worden sein. Nach einem Jahr wurden die Ermittlungen eingestellt. Auch ein DNA-Test zum Abgleich mit sichergestellten Spuren brachte keine Übereinstimmung – allerdings hatten nicht alle der 36 dazu aufgeforderten Soldaten eine Probe abgegeben.

Ebenfalls ohne Ergebnis blieb damals ein Verfahren wegen Geheimnisverrats. Immer wieder waren Interna über die Vergewaltigungs-Ermittlungen an die Öffentlichkeit gespielt und Zweifel an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers gestreut worden. Medien berichteten damals, die Frau leide an einem so genannten Borderline-Syndrom und habe die Vergewaltigung frei erfunden, auch seien keine typischen Verletzungen gefunden worden. Unter Berufung auf Ermittlerkreise hieß es weiter, die Tat könne nicht wie von der Frau behauptet abgelaufen sein. Und schließlich hieß es, einen Brief, den ihr der Täter geschrieben haben soll, habe sie selbst verfasst.

Auch andere Soldatinnen kamen damals in der Lokalpresse zu Wort: Mit der Befürchtung, der Vorfall können Vorurteile gegenüber Frauen bei der Bundeswehr befeuern. Nun könnte der Eindruck entstehen, ließ sich eine Kameradin des mutmaßlichen Opfers zitieren, dass Frauen „dem Dienst bei der Bundeswehr nicht standhalten, dass sie dort krank werden“.

Es sei sehr belastend für ihre Mandantin, dass der Täter nie gefunden wurde, erklärte die Anwältin am Ende des Verfahrens, dessen Einstellung sie gleichwohl zustimmte. Klaus Schmidt von der Staatsanwaltschaft Bückeburg sagt indes noch heute: „Wir hatten keinen Anfangsverdacht, dass uns die Frau etwas Falsches erzählt.“

Anlass dafür, den unaufgeklärten Fall aus dem Jahr 2012 neu aufzurollen, gebe es nach dem aktuellen Vorfall aber auch nicht.

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