Überwachung der Türkei: „Abhöraktionen verzeihen wir nicht“

Nach Berichten über BND-Spionage in der Türkei erwarten Linke und Grüne Antworten der Kanzlerin. Die türkische Regierung bestellt indes den deutschen Botschafter ein.

Bei Bedarf könne man sich an die Türkei wenden und Fragen stellen, sagte Energieminister Taner Yildiz. Bild: reuters

BERLIN/ISTANBUL afp/dpa | Die türkische Regierung hat nach Berichten über eine Bespitzelung ihres Landes durch den Bundesnachrichtendienst (BND) den deutschen Botschafter in Ankara ins Außenministerium einbestellt. Der deutsche Diplomat sei gegen Mittag zum Gespräch ins Ministerium zitiert worden, berichtete der türkische Nachrichtensender NTV am Montag.

Als erstes türkisches Kabinettsmitglied äußerte sich Energieminister Taner Yildiz zu den Berichten über den BND. Bei Bedarf könne man sich an die Türkei wenden und Fragen stellen, sagte der Minister mit Blick auf die deutschen Behörden. „Aber Abhöraktionen verzeihen wir nicht.“

Dem Nachrichtenmagazin Spiegel zufolge steht der Nato-Partner Türkei im Auftragsprofil der Bundesregierung für den BND. Auch die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR hatten berichtet, das geltende Auftragsprofil für den deutschen Geheimdienst aus dem Jahr 2009 liste ein Nato-Land – ohne dessen Namen zu nennen.

Die Opposition in Deutschland fordert von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Aufklärung zu den mutmaßlichen BND-Spähaktionen gegen die Türkei und mehrere US-Außenminister. Merkel müsse sich dazu persönlich erklären, verlangten Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und der Vizevorsitzende des Bundestagsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste, André Hahn (Linke), am Montag.

Kerry als „Beifang“

Mehrere Unions-Politiker verteidigten das Vorgehen des Bundesnachrichten-dienstes gegen Kritik. Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl sagte dem Bayerischen Rundfunk, der BND habe nicht gezielt und bewusst die Handys von Kerry und Clinton abgehört – anders als die Amerikaner im Fall der Kanzlerin. Der BND soll mindestens ein Gespräch von US-Außenminister John Kerry abgehört haben, das 2013 als „Beifang“ im Überwachungsnetz des Dienstes gelandet sein soll – ähnlich wie 2012 ein Telefonat von Kerrys Vorgängerin Hillary Clinton.

Vom BND und der Bundesregierung gab es bisher keine offizielle Stellungnahme dazu. Mit Blick auf die Überwachung der Türkei sagte Uhl, das Land sei ein wichtiger Nato-Partner, aber zugleich auch ein „hochproblematisches Transitland“ für organisierte Kriminalität und Flüchtlingsströme. Auch terroristische Aktivitäten dort seien von größter Sicherheitsrelevanz für Deutschland. All das müsse der BND überwachen, damit die Bundesregierung klug handeln könne.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger, es gebe sicherlich gute Gründe für eine Überwachung der Türkei. Er verwies dabei unter anderem auf Aktivitäten der kurdischen PKK sowie links- und rechtsextremistischer türkischer Gruppen in Deutschland.

Auch der Grünen-Abgeordnete und frühere Fraktionschef Jürgen Trittin nannte die BND-Tätigkeit in der Türkei gerechtfertigt. Der Berliner Zeitung sagte er, auch ein zufälliges Mithören von Ministertelefonaten sei etwas anderes als das systematische Ausspähen des Parteihandys der Kanzlerin durch den US-Geheimdienst NSA.

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