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Ukraine-Gespräche in FloridaEuropa ist egal

Dominic Johnson

Kommentar von

Dominic Johnson

Die Gipfeltreffen in Europa in der vergangenen Woche sind schon Geschichte. Jetzt kann Russland wieder mit ahnungslosen US-Amerikanern „verhandeln“.

Trunmps Tross auf dem Weg zu den Ukraine-Verhandlungen in Florida Foto: Jessica Koscielniak / reuters

N un wird also wieder in Florida über die Ukraine verhandelt. Abwechselnd treffen ukrainische und russische Unterhändler auf US-Sicherheitsberater sowie Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und Donald Trumps Sonderbeauftragten Steve Witkoff. Mit der Ukraine selbst will Russland nicht reden, nur über die Ukraine. Und zwar nur mit ihren Freunden, also den Amerikanern. Kushner ist aus familiären Gründen ein interessanter Gesprächspartner. Witkoff war noch nie in Kyjiw und hat nach Angaben Trumps von Russland keine Ahnung, ist also das perfekte Gegenüber für Putin. Was das alles bringen soll, ist ein Rätsel. Frieden in der Ukraine jedenfalls nicht. Dafür müsste Russland seine Angriffe einstellen, und davon ist keine Rede.

Die neuen indirekten Gespräche in den USA zeigen vor allem eines: Europa ist egal. Die ganzen Gipfel auf höchster Ebene in Berlin und dann in Brüssel in der vergangenen Woche, die von Friedrich Merz ausgerufene „Schicksalswoche für Europa“ – sie ändern daran überhaupt nichts. Europa, die Ukraine und die USA sollten eigentlich eine gemeinsame Linie finden, die so unwiderstehlich ist, dass Putin keine andere Wahl bleibt als einzulenken – aber die gibt es nicht, und Putin hat am Freitag noch mal klargestellt, dass er keine Zugeständnisse anbieten wird. Das war auch vorher schon klar, aber man tut gerne so, als ob.

Die EU ist sich nicht einmal mit sich selbst einig. Sonst hätte Bundeskanzler Merz nicht Schiffbruch mit seinen Plänen zum Umgang mit dem eingefrorenen russischen Vermögen erlitten. Klar, die Ukraine bekommt jetzt von der EU einen überlebenswichtigen 90-Milliarden-Kredit, aber der löst das Grundproblem nicht, dass der Wegfall der US-Unterstützung nicht ausreichend von den anderen Nato-Partnern kompensiert wird.

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Jetzt haben sich die westlichen Politiker in den Weihnachtsurlaub verabschiedet. Der Krieg geht weiter. Russland bombt weiter. Die Ukraine verteidigt sich weiter. Zu Weihnachten wird wahrscheinlich viel ukrainisches Blut fließen. Das vierte Jahr in Folge.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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4 Kommentare

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  • Russland will Europa nicht bei den Verhandlungen. Die Trump-Administration will Europa nicht bei den Verhandlungen (nur wenn es später um das Bezahlen geht, oder um Friedenstruppen). Due Ukraine möchte Europa gerne bei den Verhandlungen haben.



    Europa hat weder auf Russland noch auf die USA ein wirkliches Druckmittel. Jedenfalls nicht, so wie sich Europa gerade anstellt. Das sind momentan die Fakten.

  • Die Europäer haben einfach Angst vor der eigenen Courage und leider noch nicht begriffen, das Trump und Putin ein Ziel eint. Europa zu spalten.

    Die Chance mit der Nutzung des russischen Vermögens ein deutliches Zeichen zu setzen wurde erneut aufgrund nationaler Ressentiments verspielt. Die Sorge vor rechtlichen und ökonomischen Folgen überwog.

    Um Putin unter Druck zu setzen ist es jedoch nicht hilfreich sich stets korrekt an das Regelwerk zu halten. Ein gewisses Wagnis muss schon eingegangen werden. Noch scheuen die Europäer das Risiko, aber um nicht in naher Zukunft zwischen Trump und Putin völlig aufgerieben zu werden, bleibt den Europäern nichts anderes übrig als den Einsatz zu erhöhen. Auf Sanktionsebene ebenso wie in absehbarer Zeit auch militärisch.

    Gilt auch für den Fall das der Ukraine das Schicksal droht keine ausreichende Truppenstärke mehr zu erreichen. Dann werden die Europäer in Sektoren die nicht direkt in Kampfhandlungen eingebunden sind wohl aushelfen müssen, um die Lage zu stabilisieren.

    Das alles ist jedoch besser als die Ukraine an Russland auszuliefern und an Trump zu verschachern und zwar nicht nur für die Ukraine sondern für ganz Europa.

  • Dass der völlig inkompetente Witkoff eine so wichtige Aufgabe bekommt ist unfassbar. Putin-Fanboy wie sein Chef.

  • Welche politische Funktion- ausser Schiegersohn von Herrn Trump zu sein- füllt eigtl. Herr Kushner aus.



    Es wird alles immer irrer.