Ukraine: Es droht der Stillstand

Der Wahlausgang macht die Regierungsbildung in Kiew schwierig: Das Beinahe-Patt zwischen Regierungs- und orangenem Lager lässt verschiedene Bündnisse zu.

Fünf Tage nach den Parlamentswahlen in der Ukraine steht zumindest eins fest: Eine Neuauflage der bisherigen Koalition aus der Partei der Regionen von Wiktor Janukowitsch sowie den Kommunisten und Sozialisten wird es nicht geben. Auch noch so durchsichtige Tricks wie Versuche, das Ergebnis nach oben zu korrigieren, werden nicht ausreichen, um die Sozialisten über die Dreiprozenthürde zu hieven.

Doch hier enden die Klarheiten auch schon. Denn das Beinahe-Patt zwischen Regierungs- und orangenem Lager lässt die Bildung verschiedener Regierungsbündnisse zu. Und die Frage ist jetzt, ob die Politiker willens und in der Lage sind, diesen - schwierigen - Wählerauftrag auch umzusetzen.

Im Moment stehen die Zeichen auf Konfrontation, Postenschacher hinter den Kulissen sowie der Versuch der Parteien, Ergebnisse in einzelnen Wahlkreisen anzufechten. So könnte sich die Regierungsbildung hinziehen, was nichts anderes hieße als: politischer Stillstand in der Ukraine, und das noch auf mehrere Monate.

Dabei ist die Frage, wer künftig in der Regierung sitzt, eher zweitrangig. Vielmehr müsste mittlerweile allen politisch Verantwortlichen klar geworden sein, dass sie bei der Lösung der drängendsten Probleme ohnehin an einem Strang ziehen. Das gilt sowohl für die lange verschleppten Wirtschaftsreformen, die Entflechtung von Wirtschaft und Politik als auch für die Revision der Verfassungsreform von 2006. Nicht zuletzt die unklaren Neuregelungen zur Machtverteilung zwischen Staatspräsident und Regierungschef sind ein Hauptgrund für den erbitterten Machtkampf der vergangenen Monate.

Doch abgesehen davon, ob die Parteipolitiker ihre demokratische Reifeprüfung bestehen: Staatspräsident Juschtschenko macht derzeit alles andere als eine gute Figur. Anstatt als Schiedsrichter Konflikte zu moderieren, stiftet er mit kryptischen Andeutungen über eine große Koalition Verwirrung. Für einen Mann, dessen Name untrennbar mit der orangenen Revolution verbunden ist, ist das keine gute Empfehlung.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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