Ukrainische Pilotin in russischer Haft: Hungerstreik gegen Haftverlängerung

Nadeschda Sawtschenko sitzt in Russland wegen angeblichen Mordes in Haft. Der Prozess ist umstritten. Nun verweigert sie erneut die Nahrung.

Nadeschda Sawtschenko, eine Frau mit kurzen Haaren, in einer Zelle in einem Gerichtssaal

Nadeschda Sawtschenko im Oktober 2015 vor Gericht. Foto: ap

BERLIN taz | Die ukrainische Kampfpilotin Nadeschda Sawtschenko, die seit anderthalb Jahren in russischer Untersuchungshaft sitzt, ist erneut in einen Hungerstreik getreten. Das teilte Anfang dieser Woche ihr Anwalt Mark Feigin mit. Das ist bereits die dritte Nahrungsverweigerung seit dem Beginn ihres Prozesses am 22. September 2015. Sawtschenko ist wegen vorsätzlichem Mordes an zwei russischen Journalisten im Separatistengebiet Luhansk angeklagt.

Der Prozess gilt als höchst umstritten. Die Hubschrauberpilotin kämpfte bei dem freiwilligen ukrainischen Bataillon Aidar gegen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine. Kiew wirft Moskau vor, die Pilotin entführt zu haben. Ihr drohen 25 Jahre Haft.

In der vergangenen Woche wurde die Haft bis zum 16. April verlängert. Daraufhin kündigte die Angeklagte einen Hungerstreik an. Sawtschenkos Anwälte haben eigenen Angaben zufolge versucht, sie von dem Hungerstreik abzubringen. Der Zeitpunkt sei äußerst ungüstig, weil in Russland die Vollzugsanstalten über die langanhaltenden Weihnachts- und Neujahrsferientage für jegliche Besucher unzugänglich seien. Dies würde bedeuten, dass eine unabhängige Kontrolle des Gesundheitszustandes der Angeklagten so gut wie unmöglich sein wird. Andererseits akzeptiere er die Entscheidung, fügte Mark Feigin hinzu, denn „der Hungerstreik ist ihre einzige Waffe, über die nur sie selbst verfügt”.

Die 34-jährige Pilotin wurde bei den Parlamentswahlen im Oktober 2014 für die Partei der ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko ins ukrainische Parlament gewählt. In ihrer Heimat wird sie als Heldin verehrt und sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Am vergangenen Donnerstag war sie die erste, die eine Frage an Wladimir Putin bei seiner alljährlichen Pressekonferenz stellte. Nicht telefonisch und schon gar nicht persönlich. „Wann lassen Sie die Ukrainer frei, die Sie verschleppt haben und gesetzwidrig in russischen Gefängnissen festhalten?”, lautete die Frage an den russischen Präsidenten. Sie war auf dem T-Shirt aufgedruckt, in das Nadeschda Sawtschenko am Morgen zu der Gerichtsverhandlung im russischen Grenzort Donezk erschienen war.

Keine Revision

Das Foto twitterte ihr Anwalt Nikolai Polosow. Bei der diesjährigen Pressekonferenz blieb der Name der bekanntesten Angeklagten Russlands allerdings unerwähnt. Zur Erinnerung: Bei der Pressekonferenz vor einem Jahr, die viereinhalb Stunden dauerte, erlaubte sich nur ein einziger Journalist, nach dem Schicksal der Pilotin zu fragen. Damals antwortete Wladimir Putin: „Falls sich herausstellen sollte, dass sie unschuldig ist, wird sie freigelassen”. Das war ein überdeutlicher Hinweis darauf, in wessem Obhut die Entscheidung liegt.

In der vergangenen Woche erklärte Sawtschenkos Verteidigung, dass sie nach der Urteilsverkündigung nicht in Revision gehen werde, ganz egal wie die Gerichtsentscheidung ausfallen sollte. Die Anwälte beziehen sich darauf, dass dies ein ausdrücklicher Wunsch der Angeklagten sei. Sie zitieren Sawtschenko mit folgenden Worten: „Es sollte bei den Menschen keineswegs die Illusion entstehen, dass es in Russland ein unabhängiges Gericht gibt. Das gibt es nicht, weder in der ersten Instanz, noch in der zweiten oder der zehnten.”

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