Umbau der Tierhaltung: CSU-Agrarminister beerdigt Tierschutzprogramm
Alois Rainer lässt die von der Ampel eingeführten Subventionen für tierfreundlichere Ställe auslaufen. Für Treckerdiesel hat der Bund aber Geld.
Die Förderung durch Subventionen für die laufenden Mehrkosten einer besseren Tierhaltung falle 2028 weg. Rainers Amtsvorgänger Cem Özdemir (Grüne) hatte das Programm erst im vergangenen Jahr zunächst für Schweine eingeführt, später sollte es auf andere Tierarten erweitert werden.
Mit Rainers Entscheidung wird die Marschrichtung der neuen Regierung in Sachen Landwirtschaft immer deutlicher: Erst am Mittwoch hatte das Kabinett beschlossen, die vollständige Erstattung der Energiesteuer auf Diesel für Trecker und andere Landmaschinen ab 2026 wieder einzuführen.
Diese „Agrardiesel“-Subvention kostet den Staat 430 Millionen Euro pro Jahr und reduziert Anreize, klimaschädlichen Kraftstoff einzusparen. Vor Kurzem erklärte Rainer seine Versuche für gescheitert, jährlich zusätzlich 1,5 Milliarden Euro für den Umbau der Tierhaltung zu bekommen.
Tierwohl und Umweltschutz
Dabei leben die meisten Tiere in Deutschland unter Bedingungen, die Umfragen zufolge von vielen Menschen kritisiert werden. Zum Beispiel kommen die meisten Schweine nie an die frische Luft. Die Tierhaltung ist zudem maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Landwirtschaft inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen laut Umweltbundesamt 14 Prozent der Treibhausgase hierzulande verursacht. Die großen Mengen Gülle belasten das Wasser und tragen zum Artensterben bei. Mehr Platz für jedes Tier könnte die Viehbestände und Umweltschäden reduzieren.
Damit mehr Bauern ihre Schweine auf die Haltungsformen Frischluftstall, Auslauf/Freiland und Bio umbauen, stellt der Bund in diesem Jahr 200 Millionen Euro für das Programm bereit. 2026 sollten es 278 Millionen sein.
Zwar versprach Rainer nun, dass die „Förderung des Baus tiergerechter Schweineställe“ in die von Bund und Ländern finanzierte „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) aufgeht. Aber er nannte keine Zahlen, wie viel des bisher geplanten Geldes dafür übrig bleibt.
„Placebo-Programme helfen unseren Landwirtinnen und Landwirten nicht weiter“, begründete Rainer das Ende des Bundesprogramms. Damit spielte er offenbar darauf an, dass bisher laut Ministerium nur 271 Anträge auf Investitionsförderung und 413 auf Förderung laufender Kosten gestellt wurden.
„Der Markt allein wird es nicht richten“
„Es braucht eine Zeitlang, bis so ein Programm anläuft“, sagte der taz Martin Schulz, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, die kleine und mittlere Höfe vertritt. „Rainer gibt ihm noch nicht einmal eine Chance.“ Das Ende des Bundesprogramms sei ein „Schlag ins Gesicht“. Damit sei klar, dass der tierfreundliche Umbau nicht in dem Maß kommen wird, wie er nötig sei.
Denn aus anderen Töpfen werde auch weniger Geld fließen. „Der Markt allein wird es nicht richten“, so Schulz. Zu wenige Betriebe würden ihre Haltungsbedingungen verbessern, weil das Risiko und die Kosten zu hoch seien. Auch der Deutsche Bauernverband und die Umweltorganisation Greenpeace kritisierten die Entscheidung.
Ophelia Nick, Sprecherin für Landwirtschaftspolitik der Grünen im Bundestag, kritisierte, die geplante Verlagerung in die GAK ersetze kein eigenständiges Förderprogramm. „Die notwendige Kofinanzierung durch die Länder ist in vielen Fällen nicht gesichert“, so Nick. Rainer verspreche „immerzu“ Planungssicherheit, liefere aber das Gegenteil.
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