Umbruch bei Eintracht Braunschweig: Abtritt der Hauptdarsteller

Eintracht Braunschweigs Präsident Sebastian Ebel kündigt seinen Rückzug an. Damit ist die komplette alte Führungsriege des Fußball-Drittligisten weg.

Abstimmung auf der Mitgliederversammlung von Eintracht Braunschweig.

Angesichts der Lage ist die Stimmung auf der Mitgliederversammlung noch erstaunlich gut Foto: dpa

HANNOVER taz | Obwohl Eintracht Braunschweig in rekordverdächtigem Tempo aus dem Profifußball abzustürzen droht, bleibt es bisher erstaunlich ruhig. „Ich bin extrem froh, wie offen und fair wir hier diskutiert haben“, sagte Eintracht-Präsident Sebastian Ebel.

Ebel wirkte nach einer mehr als vierstündigen Mitgliederversammlung Ende vergangener Woche mitgenommen und erleichtert. Ebel hat seinen Abschied im Lauf des kommenden Jahres angekündigt, nach mehr als zehn Jahren an der Spitze. Trainer neu, Sportdirektor weg, Geschäftsführer geht vorzeitig, Präsident gibt auf: Die Frage ist, ob ein solch drastischer Umbruch wirklich gut ist.

Die Situation bleibt beängstigend. Vor anderthalb Jahren war Braunschweig noch in den Relegationsspielen zur 1. Bundesliga am Nachbarn VfL Wolfsburg gescheitert. Aktuell droht der Absturz in die Regionalliga. In der Dritten Liga trennen die Eintracht nach der 0:1-Heimniederlage gegen den Halleschen FC vom Sonnabend bereits neun Punkte von einem Nichtabstiegsplatz. „Das ist extrem bitter“, findet Cheftrainer André Schubert.

Schubert ist seit Mitte Oktober in Braunschweig und hat seitdem noch kein einziges Spiel gewonnen. Erstaunlich, dass im Verein noch keine Revolte ausgebrochen ist. Aber vielleicht genügt es manchem kritischen Fan schon, dass die Hauptdarsteller der vergangenen zehn Jahre nicht mehr die Fäden ziehen werden.

Idol Rau im Aufsichtsrat

Wie genau es besser werden kann und was zu tun ist, darüber muss sich in erster Linie ein neu gewählter Aufsichtsrat Gedanken machen. Ihm gehört mit dem ehemaligen Nationalspieler Tobias Rau ein Neuling mit sportlicher Kompetenz an. „Ich habe das Gefühl, dass ich hier helfen kann“, sagt der ehemalige Profi. „Meine neue Rolle ist für mich eine Herzensangelegenheit.“ Rau ist 36 Jahre alt, im richtigen Leben mittlerweile Lehrer, aber eben auch noch leidenschaftlicher Eintracht-Anhänger. Als solcher blickt er auf eine Art blau-gelben Scherbenhaufen, für den niemand verantwortlich sein will.

Am langjährigen Trainer Torsten Lieberknecht und dem ihm zur Seite gestellten Sportdirektor Marc Arnold hatte der Club lange festgehalten, bis sie schließlich doch gehen mussten. Auf Geschäftsführer Sören Oliver Voigt, der im Frühjahr 2019 nach 18 Jahren im Amt freiwillig abtritt, wollte auf dem Weg nach unten angeblich niemand hören. Und der tapfere Präsident Ebel ist nach zehn mehrheitlich erfolgreichen Jahren nicht darum zu beneiden, dass mit dem Ende seiner Wirkungszeit ein rasanter Niedergang verbunden bleiben wird.

Ein grundlegendes Reset droht Eintracht Braunschweig nicht allein wegen der neuen, handelnden Personen. Vor allem finanzieller Druck wird in den nächsten Monaten dafür sorgen, dass sich etwas grundlegend ändern muss. Einerseits gab die Vereinsführung gerade bekannt, dass die Profiabteilung das Geschäftsjahr 2017/18 mit einem Gewinn von 2,7 Millionen Euro abgeschlossen hat. In dieser imposanten Summe stecken viele Möglichkeiten, die der Club nicht in die sportliche Wettbewerbsfähigkeit der Mannschaft investiert hat.

Die Zukunft heißt: Sparen

In dieser Woche soll endlich ein neuer Sportdirektor vorgestellt worden, der den Trainer entlasten und nach möglichen Neuzugängen während der Winterpause fahnden soll. Solche Nachbesserungen müssten schon sehr gut greifen, um den zweiten Abstieg innerhalb eines Jahres zu verhindern. Und angesichts fehlender Einnahmen aus der TV-Vermarktung ist Eintracht Braunschweig auf lange Sicht zum Sparen verdammt.

In der Chronik dieses stolzen Vereins wird eines Tages stehen, wie turbulent diese insgesamt zehn Jahre mit den Herren Ebel, Voigt, Lieberknecht und Arnold waren. Ihre Zusammenarbeit hatte 2008 begonnen, als der Verein ins Straucheln geraten war und sich dennoch überraschend für die damals eingeführte 3. Liga qualifizierte. 2013 gelang sogar ein bemerkenswerter Ausflug in die 1. Bundesliga.

Nun werden frische Entscheider gesucht. Sie sollen die nötige Eintracht schaffen, um neue Erfolge zu erringen.

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