Umstrittenes Kunstprojekt in Berlin: Die Mauer wird gar nicht erst gebaut

Vier Wochen lang sollte in Berlin-Mitte eine Diktatur nachgespielt werden. Der Senat fand das gut, dem Bezirk war es zu heiß.

Betonplatten stehen nebeneinander

Derzeit hat niemand mehr die Absicht, eine Mauer zu errichten: Die Bestandteile dafür waren schon da Foto: dpa

BERLIN epd/dpa/taz | Das Mauerbau-Kunstprojekt „DAU“ ist von den Berliner Behörden vor allem aus Sicherheitsgründen nicht genehmigt worden. Das erläuterten Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) und die Mittes Bezirksstadträtin Sabine Weißler (Grüne) am Freitagmorgen. Die Veranstalter des Projektes hätten trotz intensiver Gespräche bis zum Schluss keine ausreichenden Unterlagen vorgelegt, die eine Genehmigung möglich gemacht hätten.

Nach den Worten von Verkehrssenatorin Günther wurden die ersten Unterlagen vom Veranstalter erst Mitte August eingereicht, zwei Monate vor dem geplanten Start. Die von den Behörden daraufhin geforderte vollständige Vorlage aller Unterlagen bis zum 11. September sei nicht erfolgt.

Auch Polizei und Feuerwehr hatten nach den Worten von Günther und Weißler ihre Zustimmung zu dem Projekt verweigert. Unter anderem fehle es an Bedarfsampeln, einer Aufstellfläche für den Kran, der die Betonteile abladen soll und einem „zufriedenstellenden Szenario“ an Fluchtwegen. Weißler sagte, es gebe bei dem Projekt viele Probleme, die in ihrer Gesamtheit zur Ablehnung geführt hätten.

Der Senat hatte das Kunstprojekt unterstützt. Vor allem der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) hatten sich dafür eingesetzt. Dem Bezirk Mitte wurde unter der Hand eine Verweigerungshaltung unterstellt. Auch die Kulturstaatssekretärin des Bundes, Monika Grütters, zugleich Landeschefin der Berliner CDU, war dafür.

Die Kritik an „DAU“ hatte zuletzt allerdings deutlich zugenommen. Vor allem DDR-Bürgerrechtler, die betroffene evangelische Kirchengemeinde und viele Kunstschaffende lehnten das Vorhaben entschieden ab. Einen von der Publizistin Lea Rosh initiierten Brief dagegen unterschrieben mehr als 60 Kulturschaffende und Historiker.

Die DAU-Veranstalter reagierten verwundert auf den Stopp ihrer Pläne. Die Informationen an die Veranstalter seien „inhaltlich völlig anders begründet“ als das, was die verantwortlichen Politikerinnen bei der Pressekonferenz erklärt hätten, sagte eine Sprecherin der dpa am Freitag. „Die Veranstalter prüfen dies nun und werden sich zeitnah äußern“, kündigte sie an.

Bei dem Kunst- und Sozialexperiment sollten Besucher unter anderem die Erfahrung von Freiheitsverlust und totalitären Systemen machen können. Dafür sollte vom 12. Oktober an für knapp vier Wochen ein Areal zwischen der Straße Unter den Linden und dem Werderschen Markt nach dem Vorbild der Berliner Mauer eingemauert werden. Besucher hätten ein Visum benötigt und ihr Handy abgeben müssen. „DAU“ geht auf ein europäisches Film- und Performanceprojekt unter Leitung des russischen Regisseurs Ilya Khrzhanovsky zurück.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.