Umweltaktivist über Kopenhagener Prozess: "Fast wie Terroristen behandelt"

Elf Greenpeace-Mitglieder stehen in Kopenhagen vor Gericht. Sie hatten an Protesten beim Klimagipfel 2009 teilgenommen. Der Mitangeklagte Juan López de Uralde spricht von politischer Justiz.

Greenpeace-Aktivisten protestieren anlässlich des Klimagipfels 2009 an der Straße vom Kopenhagener Flughafen zum Konferenzzentrum. Bild: reuters

taz: Herr López de Uralde, was ärgert Sie vor allem am Prozess?

Juan López de Uralde: Das ganze Verfahren ist völlig unangemessen und ein bisschen surreal. Das Schlimme ist: Obwohl die letzten Daten über den Klimawandel alarmierend sind und die Emissionen seit dem gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen allein im letzten Jahr um weitere 5 Prozent angestiegen sind, wird dennoch massiv gegen uns Aktivisten vorgegangen. Zwischen dem wirklichen Willen, gegen den Klimawandel vorzugehen, und der Verfolgung der Aktivisten besteht offensichtlich ein erheblicher Widerspruch.

Sie werden unter anderem auch wegen Majestätsbeleidigung angeklagt.

Das stimmt. Die Staatsanwaltschaft verwendet einen Paragrafen, der seit den 1930er Jahren nicht mehr zur Anwendung kam - und alles nur, um das Strafmaß noch weiter zu erhöhen. Das ist ein weiterer Beweis dafür, wie absurd der Prozess gegen uns ist.

Die anderen Delikte lauten Dokumentenfälschung, Amtsanmaßung und Hausfriedensbruch. Mit welchem Strafmaß rechnen Sie insgesamt?

Ich würde nicht einmal von Straftaten sprechen. Normalerweise würde unser Vergehen auch unter Ordnungswidrigkeit fallen. Doch alles, was mit den Protesten beim Kopenhagener Gipfel zu tun hat, wird strafrechtlich verfolgt. Das ist sehr unverhältnismäßig. Die Staatsanwaltschaft fordert zwei Monate auf Bewährung plus 3.000 Dänische Kronen Geldstrafe pro Person, also über 400 Euro. Für Greenpeace Nordic wird gar eine Strafe von 200.000 Kronen gefordert. Und für die, die aus dem Ausland kommen, wird außerdem ein Einreiseverbot von sechs Jahren hinzugefügt. Am Montag soll das Urteil verkündet werden.

48, baut zurzeit die neue spanische Partei Equo mit auf. Von 2001 bis 2010 war er Geschäftsführer von Greenpeace Spanien.

Stimmt es, dass Sie damals erst aus der Untersuchungshaft gelassen wurden, nachdem Greenpeace die Namen und Daten aller Beteiligten der Aktion herausrückte?

Eigentlich waren wir ja im Gefängnis, weil die Polizei den Fall aufklären sollte. In Wirklichkeit wurde aber nichts untersucht, während wir einsaßen. Wir wurden erst am letzten Tag unserer 21 Hafttage befragt. Als Greenpeace sah, dass nichts passierte, machten sie öffentlich, wer bei der Vorbereitung der Aktion beteiligt gewesen war, damit es keinen Vorwand mehr geben konnte, uns im Gefängnis zu behalten. Wenn Greenpeace-Aktivisten eine Aktion machen, stehen sie auch dazu. Wir haben nichts zu verheimlichen.

Wie ist es Ihnen im Gefängnis ergangen?

Na ja, ein Gefängnis an sich ist schon kein besonders schöner Aufenthaltsort. Das Schlimmste war aber, dass wir in Isolationshaft gesteckt wurden. Wir hatten keinen Kontakt zur Außenwelt, konnten keine Zeitungen lesen und durften auch nicht mit unseren Familien sprechen. Wir wurden fast wie Terroristen behandelt.

Im Internet kursiert ein Film, der die Vorbereitungen für die Aktion zeigt. Sie hatten durchaus mit Haft gerechnet.

Aber nicht mit 21 Tagen. Nach der dänischen Rechtslage hätten sie uns eigentlich direkt des Landes verweisen müssen. In der ersten Nacht kam auch ein Polizist und sagte: "Morgen früh um neun werdet ihr an die deutsche Grenze gebracht." Als am Morgen dann ein anderer Polizist sagte, wir kämen jetzt ins Gefängnis, sagte ich noch: Nein, du irrst dich. Wir sollten doch aus dem Land geworfen werden. Es handelte sich also um eine rein politische Entscheidung, uns weiter in Haft zu halten.

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