Umweltbewusstsein in der Bevölkerung: Bioäpfel im türkischen Supermarkt

Eine Studie hat den Grad des umweltbewussten Verhaltens von migrantischen Gruppen in Deutschland untersucht. Gängige Vorurteile werden nicht bestätigt.

Haben nicht weniger Bioprodukte in den Einkaufstüten als andere: Frauen in Berlin. Bild: dpa

BERLIN taz | „Das Klischee vom halbstarken Türken im tiefer gelegten BMW mag als Bild in den Köpfen vorhanden sein. Unsere Erhebungen zeigen aber, dass diese Migrationsgruppe statistisch eine geringere PKW-Orientierung aufweist als Russen und Deutsche“, sagt Ahmet Toprak.

Der Diplompädagoge leitet zusammen mit Umweltpsychologe Marcel Hunecke an der FH Dortmund das Forschungsprojekt „EMIGMA - Empowerment für Migranten zum Klimaschutz“. Das Team um Toprak und Hunecke hat in den vergangenen zwei Jahren unter dem Titel „Wie stehen MigrantInnen zum Klimaschutz“ die bisher umfangreichste Studie dieser Art durchgeführt.

In Dortmund, München, Berlin und Baden-Württemberg wurden je 800 so genannte türkischstämmige Menschen und Russischsprachige zu ihren Alltagsgewohnheiten in den Bereichen Energie, Ernährung und Mobilität befragt.

Zum Vergleich wurden 400 gebürtige Dortmunder, die Studie nennt sie Deutsche, interviewt. Gemessen am jährlichen CO2-Ausstoß verhielten sich beide Gruppen mit Migrationshintergrund zum Teil deutlich klimafreundlicher als die befragten Deutschen.

Die russischsprachige Gruppe etwa weist die höchste Nutzerrate im öffentlichen Personennahverkehr auf, während nicht einmal die Hälfte dieser ProbandInnen ein Auto nutzt. Umgekehrt verhielt es sich bei den Befragten der deutschen Testgruppe: Mit 70 Prozent PKW-Nutzern liegen sie weit vor russischsprachigen (46%) und türkischstämmigen Befragten (41%).

Den ökologischen Fußabdruck der Befragten ermittelten die ForscherInnen mit Hilfe des CO2-Rechners. „Bei allen Testgruppen tut sich eine Kluft zwischen Einstellung und Verhalten auf,“ kommentierte Hunecke eines der zentralen Ergebnisse der Studie.

Dass es in beiden MigrantInnengruppen mehr Flugreisende gibt als unter Deutschen, hängt für Hunecke vor allem mit Besuchen bei Familie und Verwandten zusammen. In der Tat zeigt die Studie, dass rund zwei Drittel der türkischen Gruppe mindestens eine private Flugreise pro Jahr antreten. 96 Prozent reisen in die Türkei.

Der Anteil deutscher Flugreisender fiel zwar mit 29 Prozent vergleichsweise gering aus. Dafür fliegen deutsche Flugreisende häufiger und legen dabei längere Strecken zurück. „In vielen Bereichen sind die Unterschiede marginal“, meint Ahmet Toprack und gibt zu, zunächst selbst darüber verwundert gewesen zu sein, dass beispielsweise der gelegentliche Konsum von Bioprodukten in allen drei Gruppen ähnlich ausfalle. Gleichzeitig mahnt Toprak: „Die Studie zeigt erneut, dass es nicht die Migranten gibt, sondern das zwischen den verschiedenen Gruppen signifikante Unterschiede bestehen.“

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