Umweltfreundlichkeit von Carsharing: Geteilte Autos, durchwachsene Bilanz

Immer mehr Menschen nutzen das Angebot, sich ein Auto für einen unbestimmten Zeitraum zu leihen. Aber ist das alles eigentlich wirklich öko?

Ein kleines Auto der Firma car2go fährt an der Siegessäule in Berlin vorbei

Prägen zunehmend das Stadtbild: Autos ohne persönlichen Besitzer Foto: dpa

Der Carsharing-Markt wächst – und das liegt vor allem daran, dass immer mehr Nutzer stationsunabhängige Autos ausleihen. Das ist das Ergebnis einer Erhebung des Bundesverbands Carsharing. Demnach stieg die Zahl der Kunden von Free-Floating-Autos, solche, die nach der Fahrt an einem beliebigen Ort abgestellt werden können, im vergangenen Jahr auf 1,26 Millionen. Das waren rund die Hälfte mehr als 2015. Die stationsabhängigen Angebote fanden dagegen nur 5,8 Prozent mehr neue Kunden.

Insgesamt kamen die Carsharing-Anbieter in Deutschland im vergangenen Jahr auf gut 1,7 Millionen Kundinnen und Kunden. Gegenüber 2015 ist das ein Zuwachs von 36 Prozent. Willi Loose, Geschäftsführer des Bundesverbands Carsharing, lobte die Entwicklung bei der Vorstellung der Zahlen als verkehrs- und umweltpolitischen Fortschritt. „In innenstadtnahen Wohngebieten ersetzt ein Carsharing-Fahrzeug heute bis zu 20 private Pkw“, sagte er. Carsharing erleichtere daher gerade die Städte in erheblichen Umfang von überflüssigen Autos.

Die Bundesregierung sieht das offensichtlich ähnlich. Ende 2016 brachte das Kabinett das sogenannte Carsharing-Gesetz auf den Weg. Das soll die Verbreitung von gemeinsam genutzten Fahrzeugen fördern, etwa indem separate Stellflächen eingeführt und die entsprechenden Fahrzeuge von Parkgebühren befreit werden. Anbietern von stationsabhängigen Autos soll es zudem ermöglicht werden, ihre Stellplätze in den öffentlichen Verkehrsraum zu verlegen. Das Gesetz wird in den kommenden Monaten im Bundestag beraten und soll am 1. September 2017 in Kraft treten.

­Ministeriums-Staatssekretär Jochen Flasbarth, der zusammen mit bcs-Geschäftsführer Loose die neuen Zahlen zur Entwicklung des Carsharing vorstellte zeigte sich allerdings nicht ganz zufrieden. Er hätte sich durchaus ein umfassenderes Gesetz, das auch Umweltanforderungen an die Fahrzeuge einschließe, gewünscht. Dennoch könne Carsharing heute schon „einen Beitrag dazu leisten, den Verkehr umweltverträglicher zu machen“, so Flasbarth.

Kritik am Carsharing

Ob das tatsächlich der Fall ist, ist jedoch umstritten. Die Hamburger Beratungsgesellschaft Civitiy etwa hat errechnet, dass vor allem die Free-floating-Flotten in Sachen Umweltfreundlichkeit den privaten Pkws nicht überlegen sind. Die untersuchten Fahrzeuge seien durchschnittlich nur eine Stunde am Tag in Benutzung und damit so ineffizient wie ein eigenes Auto. Das Öko-Institut kam zudem 2014 durch eine Befragung zu dem Ergebnis, dass die Nutzung stationsunabhängiger Carsharing-Autos nur einen minimalen Effekt auf die Frage habe, ob ein privates Pkw benutzt werde oder nicht.

Ungewöhnlich scharf fällt daher auch die Kritik der deutschen Umwelthilfe (DUH) an dem geplanten Gesetzesvorhaben aus. Die Subvention der stations­unabhängigen Fahrzeuge durch die Schaffung von gebührenfreien Parkraum, sei ein „Kniefall vor der Automobilindustrie“, sagte Geschäftsführer Jürgen Resch der taz. Resch glaubt, dass die Free-floating-Flotten „keine Substitutionswirkung zum ­privaten Pkw“ haben werden und stattdessen den öffentlichen Nahverkehr „kannibalisieren“.

Der Vorwurf ist auch dem Umweltministerium nicht unbekannt. In Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut arbeite man daher an einer langfristigen Studie, um die Auswirkungen von Carsharing besser bewerten zu können, erklärte Staatssekretär Flasbarth.

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