Unerlaubte Waffenexporte: Walther-Pistolen für Kolumbien

Nach dem Fund von Walther-Pistolen in Kolumbien werden Ermittlungen gegen den deutschen Hersteller geprüft. Auch gegen Heckler & Koch gibt es neue Vorwürfe.

Made in Germany: Die halbautomatische Pistole P99 von Walther. Bild: dpa

BERLIN taz | In Kolumbien verkauft das staatliche Rüstungsunternehmen Indumil offenbar Pistolen des Typs P99 des deutschen Waffenherstellers Walther und produziert sie auch selbst. Weder Ausfuhr noch Herstellung waren genehmigt. Das Anti-Rüstungsexport-Bündnis „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ hat nun Anzeige gegen die Ulmer Firma erstattet.

„Es handelt sich bei den P99 um Kriegswaffen“, sagt Jürgen Grässlin, Sprecher des Aktionsbündnisses. Walther habe folglich gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen. Die Ulmer Staatsanwaltschaft prüft nun, ob ein Anfangsverdacht vorliegt.

Deutsche Richtlinien sowie EU-Vorgaben schreiben vor, dass Waffen nicht exportiert werden dürfen, wenn damit Menschenrechte verletzt oder Bürgerkriege angeheizt werden könnten. Eine Ausfuhrgenehmigung nach Kolumbien, wo sich seit Jahrzehnten Soldaten, Guerilla und Paramilitärs Kämpfe liefern, ist für deutsche Firmen deshalb kaum zu bekommen.

Für die Walther-Pistolen wurde nach Angaben des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle kein Exportantrag gestellt. Trotzdem verkauft Indumil Pistolen des Typs P99, auf deren Handgriff eingraviert zu lesen ist: „Made in Germany“. Zudem wird die Waffe als Eigenproduktion angeboten.

Zu viele Gewehre

Dies wurde durch den Dokumentarfilm „Waffen für die Welt“ publik, von dem die ARD am Montagabend eine Kurzfassung ausstrahlt. Der taz liegen zudem Indumil-Verkaufslisten vor, die den Vorwurf bestätigen. Die Pistole könnte zwar über eine Tochterfirma in den USA geliefert worden sein. Rechtlich sei das aber unerheblich, so Grässlins Anwalt: „Walther ist für den Endverbleib verantwortlich.“

Auch Walther-Konkurrent Heckler und Koch (H&K) ist weiter in der Kritik. Friedensaktivist Grässlin hat am Freitag seine bestehende Anzeige gegen H&K erweitert. Schon 2009 hat er die Firma angezeigt, weil sie Gewehre vom Typ G36 in mexikanische Bundesstaaten exportiert hat, in die sie laut Genehmigung nie hätten gelangen dürfen. Nach den neuen Erkenntnissen soll H&K wesentlich mehr der G36 geliefert haben als genehmigt.

Das mexikanische Verteidigungsministerium hatte zunächst angegeben, 10.082 der Waffen erhalten zu haben, reduzierte die Ziffer dann auf 9.652. Laut Rüstungsexportberichten der Bundesregierung wurde aber nur die Ausfuhr von 8.769 Gewehren genehmigt; in der Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken ist sogar nur von 8.065 die Rede.

Grässlin wirft H&K auch vor, an einem illegalen Technologietransfer nach Mexiko beteiligt gewesen zu sein. Dort werden Gewehre hergestellt, die dem H&K-Modell G36 sehr ähneln. Das Unternehmen will von einer Lizenzproduktion nichts wissen, und im Rüstungsexportbericht taucht keine Genehmigung auf. Allerdings hatte die mexikanische Regierung 2003 und 2004 mit H&K über einen Lizenzvertrag verhandelt. Laut Finanzministerium seien dafür rund 1,2 Millionen Euro an das Oberndorfer Rüstungsunternehmen überwiesen worden.

Da das G36 jedoch nie dort gebaut wurde, vermutet Grässlin, dass sich H&K dafür illegal an der Produktion des mexikanischen Nachbaus FX05 beteiligt: „Eine Hightechwaffe vom Typ G36 kann nicht von irgendeiner Firma weltweit nachgebaut werden, dazu brauchen sie das Know-how von hochqualifizierten Technikern.“

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