Unionsstreit um Flüchtlingspolitik: Schäuble soll dazwischengehen

Der Bundestagspräsident ist als Vermittler zwischen CDU und CSU im Gespräch. Die CSU bleibt hart. Aus dem Ausland kommen besorgte Reaktionen.

Wolfgang Schäuble im Bundestag

Kann er es wieder richten? Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble soll vermitteln Foto: dpa

BERLIN dpa/afp/rtr/taz | Im Streit um die Flüchtlingspolitik in der Union zeichnet sich auch am Tag nach der Eskalation keine Einigung ab. Zwar soll einem Medienbericht zufolge Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) vermitteln. Andererseits wird bereits offen über ein Zerbrechen der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU sowie der großen Koalition in Folge des Asylstreits spekuliert.

Im Kern geht es um die Frage, ob und wann Flüchtlinge gleich an der Grenze zurückgewiesen werden können. Die CSU dringt bis Montag auf eine Entscheidung, andernfalls droht Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit einem Alleingang. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will dagegen in den kommenden zwei Wochen eine Lösung auf europäischer Ebene suchen.

Die CDU-Führung und der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) hätten daher Schäuble gebeten, in den kommenden Tagen mit der CSU-Führung zu sprechen, um eine Kompromisslinie auszuloten, berichtete die Rheinische Post am Freitag unter Berufung auf Informationen aus der CDU-Führung.

Mehrere Politiker der CSU, darunter Bayerns Ministerpräsindent Markus Söder, zeigten sich aber am Donnerstagabend extrem unnachgiebig. Seine Partei sei „der festen Überzeugung, dass nur mit einer klaren deutschen Haltung auch endlich in Europa was bewegt werden kann“, sagte Söder im heute journal.

Der CDU-Innenpolitiker Mathias Middelberg hält einen Bruch der Unionsfraktion wegen des Flüchtlingsstreits zwischen den beiden Schwesterparteien für denkbar. „Das kann man am Ende nicht ganz ausschließen“, sagte er dem Deutschlandfunk am Freitag. Dass Kanzlerin Angela Merkel am Ende wegen des Streits zurücktritt, glaubt er aber nicht: „Ich glaube, dass sie bis zuletzt versuchen wird, die Sache zu einigen“.

Besorgte Stimmen im Ausland

Auch außerhalb von Deutschland fand die Eskalation in der Union ein großes Medienecho. Die Londerner Times schrieb am Freitag, „die Bundeskanzlerin hat wenig Unterstützung von ihren Parteifreunden.“ Tatsächlich scheine die von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz angestrebte „Achse der Willigen“ Merkel zu umzingeln. „Wenn es der politischen Mitte nicht gelingt, die Forderung nach einer Revision des Systems der Migration zu entsprechen, wird die Stimme der Populisten immer kreischender werden.“

Die NZZ aus Zürich sieht den Grund für den „schrillen Ton“ vor allem im Landtagswahlkampf in Bayern. Denn besonders in der umkämpften Asylfrage stehe die CSU vor der Wahl am 14. Oktober unter Druck der auch in Bayern erstarkten AfD. „Für die Christlichsozialen gilt seit je eine Regel: Es ist schön und wichtig, in Berlin mitzuentscheiden, aber die Macht in Bayern ist wichtiger als alles andere.“

Die belgische Zeitung De Standaard sieht durch die Entwicklung in Deutschland gar die Solidarität in der Europäischen Union gefährdet. Denn „was die von der extremen Rechten aufgehetzten Christdemokraten aus Bayern wollen, ist (…) unvereinbar mit den europäischen Regeln für Asyl und Migration.“ Wenn sich nun selbst Deutschland nicht mehr daran gebunden fühlen sollte, ginge es in Europa völlig drunter und drüber. Sollte das führende Land in der Europäischen Union seine Grenzen schließen, dann würden andere Länder es für legitim erachten, dasselbe zu tun. Dann bliebe von der europäischen Solidarität nichts mehr übrig und es hieße jeder für sich allein.“

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