Uniter-Mitgliedschaft von Robert Möritz: Ein obskurer Verein

Wegen eines CDUlers in Sachsen-Anhalt ist Uniter in die Schlagzeilen geraten. Was ist das für ein Verein? Und was haben Freimaurer damit zu tun?

Spezialkräfte der Bundeswehr marschieren

In guter Gesellschaft? Bei Uniter tummeln sich ehemalige Soldaten – und mutmaßliche Rechtsextreme Foto: imago images / Björn Trotzki

BERLIN taz | Das Logo des Vereins Uniter war der Auslöser für die Regierungskrise in Sachsen-Anhalt. Nachdem Twitter-Nutzern das Schwertsymbol auf einem Profilfoto von Robert Möritz aufgefallen war und sie auch Fotos fanden, die ihn mit einer großen Uniter-Flagge zeigen, schauten sich Rechercheure von Sachsen-Anhalt Rechtsaußen die Personalie genauer an. Und siehe da: Der Beisitzer im CDU-Kreisvorstand Anhalt-Bitterfeld war nicht nur bei Uniter aktiv, sondern mutmaßlich auch ein Neonazi.

Seitdem muss sich die CDU fragen lassen, wie sie mit Rechtsextremen in den eigenen Reihen umgeht – und es ist viel von Uniter die Rede. Was ist das überhaupt für ein Verein?

Im Uniter e.V. haben sich vor allem aktive und ehemalige Soldaten, Polizisten und private Sicherheitsleute zusammengeschlossen. Der Selbstdarstellung zufolge ist es lediglich ein karitatives Berufsnetzwerk. Bereits vor einem Jahr hat die taz aber über Aktivitäten des Vereins berichtet, die der harmlosen Selbstdarstellung widersprechen: Über ein vom Bundeswehrsoldaten André S. alias „Hannibal“ angeleitetes paramilitärisches Training, über sektenartige Strukturen und Kopfgelder auf Verräter.

Es ist auch lange bekannt, dass es in Süddeutschland große Überschneidungen von Uniter und einer Prepper-Chatgruppe gab, die Hannibal als Administrator verwaltete. Der rechtsextreme Bundeswehroffizier Franco A., der sich wegen Terrorvorwürfen vor Gericht verantworten muss, war damals bei Vereinstreffen dabei, bei ihm wurde auch ein Uniter-Patch gefunden. Uniter e.V. wird zwar nicht vom Verfassungsschutz beobachtet, die Sicherheitsbehörden gehen aber „Hinweisen auf extremistische Bestrebungen“ nach.

Zwei Gründungen

Im Zuge der Vorgänge in Sachsen-Anhalt berichten nun Medien über weitere CDU-Mitglieder aus Sachsen-Anhalt, die eine Uniter-Verbindung haben.

Dabei muss man aber wissen: Uniter wurde zweimal gegründet. Das erste Mal im Juni 2012 in Halle, Gründungsmitglieder waren vor allem Soldatenkameraden von André S., die meisten aus dem Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK). Dazu kamen einige Männer, die André S. über seine Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge kannte; diese kannten sich mit der Vereinsbürokratie besser aus.

Zu diesen Männern gehört auch das CDU-Mitglied, über das am Mittwoch das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete. Ziel war es unter anderem, über den Verein KSK-Soldaten eine billigere Versicherung zu ermöglichen. Viele Vereinsaktivitäten gab es trotz großer Pläne Hannibals zunächst nicht.

Dieser erste Uniter-Verein hatte eine überschaubare Größe, die Rede ist von etwa 40 Mitgliedern. Zwar wurde seine Auflösung bereits beschlossen, formal existierte der erste Verein aber noch bis in dieses Jahr hinein.

Eine „außerordentliche Kündigung“

Hannibal ist längst weitergezogen. Im Jahr 2016 hat er nochmal einen Verein namens Uniter e.V. gegründet, dieses Mal in Stuttgart, nach eigenen Angaben gemeinnützig. Neben Soldaten gewann er wieder Freimaurer-Brüder, bei der Vereinsgründung mitzumachen. Vom ersten Uniter-Verein in Halle war nur noch eine Person bei der Neugründung dabei, ein Bundeswehr-Kamerad von André S. Gründungsvorsitzender wurde Ringo M., damals Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg.

In diesen neuen Uniter-Verein ist irgendwann Kai Mehliß eingetreten: Oberstleutnant der Reserve, Beisitzer im CDU-Kreisvorstand in Anhalt-Bitterfeld und wie Robert Möritz Mitglied des „Konservativen Kreises“ der Landespartei, der mit der AfD flirtet. Möritz ist auf öffentlichen und internen Druck hin inzwischen aus Uniter ausgetreten. Laut Vereinssatzung ist ein Austritt eigentlich nur „unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalenderjahres möglich“. Laut Uniter wurde einer „außerordentlichen Kündigung“ stattgegeben.

Wann genau Mehliß sich dem Verein anschloss, ist nicht bekannt. Fest steht: Er ist kein einfaches Mitglied. Mehliß verfügt über eine Uniter-Mailadresse, die gewöhnlich Funktionären des Vereins vorbehalten ist, und bei ihm in Bernburg fand vergangene Woche der „Security Round Table Sachsen-Anhalt“ statt, so nennt der Verein seine Regionaltreffen. Auf der Agenda: Terminplanung 2020 und die Frage, wie viel Zeit die Mitglieder für den Verein aufbringen können.

Laut dem Generalsekretär der CDU Sachsen-Anhalt Sven Schulze ist auch Mehliß inzwischen kein Mitglied mehr bei Uniter. Nach taz-Informationen gibt es daran aber Zweifel, zumindest nutzt Mehliß weiter seine Uniter-Mailadresse. Auf Anfrage schreibt er: „Ich bin kein Mitglied bei Uniter“ und verweist für weitere Fragen an den CDU-Landesvorstand. Dieser hat auf eine taz-Anfrage bislang nicht geantwortet. Und auch Uniter beantwortet die Frage nicht, ob Mehliß noch Mitglied im Verein ist.

Und die Freimaurer?

Kai Mehliß ist Freimaurer und Vorsitzender einer Loge in Bernburg. Über die Freimaurerei ist er auch mit manchen der Akteure des ersten Uniter-Vereins bekannt. Eine ganze Reihe von Uniter-Vertretern ist bei den Freimaurern – und sie zeigen diese Verbindung auch gerne. Von einem Ball der von Soldaten geführten American Canadian Grand Lodge im Jahr 2018 liegen der taz Fotos vor, auf denen Uniter-Leute mit Schärpen und Pins mit Vereinslogo abgebildet sind. Einige Uniter-Funktionäre, darunter Polizisten, KSK-Soldaten und der damalige Verfassungsschutzmitarbeiter Ringo M., haben sich auch in einem Lazarus-Orden zum Ritter schlagen lassen.

Die Vereinigten Großlogen von Deutschland e.V., der Freimaurer-Dachverband, hat sich vor Kurzem von Uniter distanziert und eine Unvereinbarkeitserklärung herausgegeben. Wie genau vorgegangen wird, obliegt aber den einzelnen Großlogen. In Freimaurer-Kreisen wird beklagt, dass nun mancherorts eine „Hexenjagd“ auf Uniter-Mitglieder stattfinde.

Der aktuelle Uniter-Verein distanziert sich regelmäßig von Extremismus aller Art. Auf konkrete Vorwürfe geht er aber in der Regel nicht ein oder versucht – was etwa das paramilitärische Training oder Auslandsaktivitäten angeht – die wahren Vorgänge zu verschleiern. Der Verein hat ebenso behauptet, es gebe keine Ermittlungen gegen Vereinsmitglieder. Dabei ist André S. wegen Verstoßes gegen des Waffen- und das Sprengstoffgesetz inzwischen sogar angeklagt.

Auch die Mitgliederzahl, die mit rund 2000 angegeben wird, dürfte in Wirklichkeit niedriger liegen. Und die allermeisten von ihnen sind offenbar nicht einmal offiziell richtige Mitglieder. Der taz liegt das Protokoll der Jahreshauptversammlung 2018 von Uniter vor. Darin ist zur Beschlussfähigkeit handschriftlich festgehalten: „Sechs von sieben ordentlichen Mitgliedern waren anwesend“.

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Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

Hannibals Schattennetzwerk

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