Unruhen in Libyen: Angriff auf Islamisten

Eine Militärallianz geführt von einem Ex-General hat in Bengasi das Parlament attackiert. Ein Großangriff auf drei Kasernen forderte über 100 Tote.

Ein Milizionär steht Wache vor einer der drei Kasernen, die angegriffen wurden. Bild: reuters

TRIPOLIS taz | In der libyschen Hauptstadt Tripolis haben Soldaten eines abtrünnigen Generals das Parlament angegriffen. Ziel sei es, Islamisten gefangen zu nehmen, sagte ein Sprecher am Sonntag.

Zuvor hatte ein Reporter der Nachrichtenagentur AP bereits von heftigem Gewehrfeuer am Parlamentsgebäude berichtet. Der libysche Fernsehsender Alahrar meldete, Abgeordnete hätten eine Warnung vor einem Angriff auf das Parlament erhalten. Die Sitzung des Parlaments sei unterbrochen worden.

Zuvor hatte ein Großangriff auf die Kasernen von drei islamistischen Milizen in Bengasi stattgefunden. Eine 8.000-Mann-Allianz aus rebellierenden Armeeeinheiten, der Luftwaffe und mehreren Stadtmilizen unter dem Kommando des pensionierten Generals Chalifa Haftar kündigte an, Libyen von den islamistischen „Terroristen“ zu befreien.

„Diese selbst ernannten Gruppierungen wollen einen Gottesstaat schaffen, ein Kompromiss mit ihnen ist nicht mehr möglich“, sagte Haftar im Fernsehen.

Die Einwohner fliehen

Am Freitag begann seine ebenfalls selbst ernannte Nationale Armee mit Angriffen auf Kämpfer der Gruppen Ansar al-Sharia, Raffalla Shati und 17. Februar. Haftar macht sie für über 250 Morde an Offizieren und Aktivisten verantwortlich.

Unter den über 100 Todesopfern der Kämpfe sind mehrere algerische und tunesische Dschihadisten, wie das Innenministerium in Algier bestätigte. Die Beruhigung der Lage am Sonntag nutzten die Einwohner von drei Stadtteilen zur Flucht, in Konvois trafen Familien in Sammelunterkünften am Stadtrand ein.

Armeekommandeure aus Tobruk, Beida und anderen Städten in der Ostprovinz Cyrenaika erklärten ihre Solidarität mit der „Karama“ (Würde) genannten Operation, an der auch Kampfflugzeuge beteiligt waren. Die von Attentaten besonders betroffenen Spezialeinheiten der Armee beteiligten sich vorerst nicht an den Kämpfen.

Ohnmacht angesichts des Chaos

Regierungschef Abdallah Thinni sowie Parlamentspräsident und Armeechef Nuri Abusahmain sprachen Haftar jegliche Legitimität ab. Haftar hielt sich Freitag in Mosambik auf. Sein Kommentar, die Armee kontrolliere die Lage, führte zu bissigen Kommentaren im Netz.

Auf dem Algerien Platz in Tripolis erklärten viele Bürger ihre Solidarität mit der Militäraktion, äußerten aber auch ihre Furcht vor einer weiteren Eskalation.

„Ich traue Haftar nicht, aber vielleicht kann nur er die Machtübernahme der Extremisten verhindern, denn sie haben Verbündete im Parlament“, fasst ein Aktivist die Ohnmacht vieler angesichts des Chaos zusammen. Mit der „Operation Karama“ ist Libyen zum Hauptschauplatz des Machtkampfs zwischen säkularen und religiösen Kräften in Nordafrika geworden.

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