Unsicherer Informantenschutz: Der Staat kann zugreifen

Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar mahnt, dass Journalisten aufpassen sollten: Online gespeicherte Namen und Texte unterliegen nicht dem Quellenschutz.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sorgt sich um die Sicherheit von Informanten. Bild: dpa

BERLIN taz | Journalistische Recherchen sind in sogenannten Cloud-Lösungen wie Google Drive, Dropbox oder auch Apples iCloud nicht nur der Gefahr von Hackern ausgesetzt, sondern auch staatlichen Ermittlern – und das auch aus Deutschland.

„Der Quellenschutz, wie er bei uns in der Strafprozessordnung vorgesehen ist, umfasst nur diejenigen Materialien, die sich in Gewahrsam des Journalisten oder der Redaktion befinden“, sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar der taz. „Wenn die Daten ausgelagert sind auf die Cloud ins Internet, dann ist dieser Schutz nicht gegeben. Das heißt, die Daten dürften gegebenenfalls auch von Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt werden.“

Schaar sagte, dieser rechtliche Spielraum für die Ermittlungsbehörden habe ihn selbst überrascht. Er habe davon erfahren, als er sich für die Diskussion „Wer schützt die (Presse-)Freiheit im Internet?“ kundig gemacht habe, zu der am Donnerstagabend unter anderem Reporter ohne Grenzen in Berlin eingeladen hatten. „Inwieweit die Dienste die Daten dann auch herausgeben, ist noch eine andere Frage“, sagte Schaar im Anschluss an diese Debatte. „Aber nach deutschem Recht jedenfalls wären sie dazu verpflichtet.“

Journalisten genießen in Deutschland das Privileg, ihre Quellen und brisante Rechercheunterlagen in aller Regel nicht preisgeben zu müssen. Kommt es dennoch zu Durchsuchungen von Redaktionsräumen oder Wohnungen der Journalisten, so ist dies nach wie vor eher selten und führt stets zu einem Aufschrei. Hier allerdings geht es um Material, das in Aktenschränken aufbewahrt wird und auf den Computern und Handys der Medienhäuser oder Journalisten liegt – nicht aber um ausgelagerte Dienste.

Als Problem könnte sich nun erweisen, dass moderne Handys und handliche Tablet-Computer wie das iPad von Hause aus darauf ausgelegt sind, Adressbücher, Kalender und auch viele andere Dateien auf den Servern der Hersteller zu sichern – sei es als sogenanntes Backup oder auch zum Austausch der Daten zwischen mehreren Geräten eines Nutzers. Und auch Online-Festplattendienste wie Dropbox oder das Mediencenter der Deutschen Telekom sind unter vielen Journalisten äußerst beliebt.

Nun drängt sich die Frage auf, wer jetzt in der Pflicht ist: Müssen Journalisten auf derlei bequeme Dienste grundsätzlich verzichten oder die Politik das Beschlagnahmeverbot auch auf das Digitale ausweiten? „Wir brauchen beides“, sagte Schaar. Natürlich sollte jeder, der mit vertraulichen und sensiblen Daten umgehe, ständig hinterfragen, wie sicher der genutzte Speicherplatz sei – immerhin könnten etwa Ermittler der USA noch leichter darauf zugreifen als deutsche Sicherheitsbehörden, soweit die Dienste auch in Übersee angesiedelt seien.

„Zum anderen brauchen wir aber auch einen gesetzlichen Schutz“, forderte Schaar. „Den brauchen wir aber nicht nur in Deutschland, sondern mindestens in Europa.“ Und auch mit anderen Staaten über die europäischen Grenzen hinweg müsse über den Schutz der Informanten, um die es ja letztlich gehe, gesprochen werden. Eine Frage sei dann aber auch: Wer ist heute im Zeitalter der digitalen Öffentlichkeit eigentlich Journalist?

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