Unterbringung von Flüchtlingen: Gemeinden fordern mehr Geld

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) will Flüchtlinge „möglichst effektiv“ integrieren – Kommunalpolitiker und Hilfsorganisationen fordern mehr Geld.

Gestrandet in Osnabrück: Eine syrische Familie in der Landesaufnahmebehörde. Bild: dpa

HANNOVER taz | Mehr Geld für die Unterbringung und Unterstützung von MigrantInnen haben Vertreter der Städte und Gemeinden im Vorfeld der für den heutigen Freitag von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) einberufenen Flüchtlingskonferenz gefordert. „Aktuell zahlt das Land pro Person 6.195 Euro im Jahr“, so der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes (NSGB), Marco Trips. Hinzu komme eine Sonderzahlung des Bundes. Um einen Flüchtling zu versorgen, stehen den Kommunen knapp 7.500 Euro im Jahr zur Verfügung. „Unsere Kosten liegen bei etwa 10.000 Euro“, klagt Trips.

Zu dem Flüchtlingsgipfel eingeladen hat Minister Pistorius etwa 50 Kommunalpolitiker und Engagierte aus Flüchtlings- und Hilfsorganisationen. Teilnehmen wird auch der Chef der Staatskanzlei von SPD-Ministerpräsident Stephan Weil sowie Staatssekretäre aus den Landesministerien für Wirtschaft, Soziales, Wissenschaft und dem Kultusministerium. Ziel sei, die Integration der MigrantInnen „möglichst effektiv“ zu organisieren, hat Pistorius angekündigt.

„Kein Wohlfühlgipfel“

Dazu will das Ministerium offenbar eine Art Planspiel durchführen, bei dem die Aufnahme eines Flüchtlings von seiner Ankunft über die Erstaufnahme bis zur Integration vor Ort diskutiert werden soll. Schon im Vorfeld hatte es dazu aus den kommunalen Spitzenverbänden geheißen, einen „Wohlfühlgipfel“ brauche man nicht: „Die Schwachstellen sind bekannt“, sagt NSGB-Präsident Trips. Niedersachsen brauche dringend „mehr Erstaufnahmeeinrichtungen“.

Zwar hat Minister Pistorius vor wenigen Wochen verkünden können, dass in seiner Heimatstadt Osnabrück eine vierte Erstaufnahme entsteht – ein fünfter und sechster Standort werden gesucht. Aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen seien die bestehenden Erstaufnahmen aktuell massiv überlastet, klagt Trips: Teilweise müssten die Städte und Gemeinden innerhalb weniger Stunden Unterkünfte für Dutzende Menschen bereitstellen. „Wir stehen vor der Belegung von Turnhallen, der Containermarkt wird aufgekauft“, sagt der Kommunalpolitiker, der damit rechnet, dass in diesem Jahr etwa 25.000 Menschen Schutz in Niedersachsen suchen. Bundesweit werden 200.000 Asylsuchende erwartet.

„Rigides Quotensystem“

Vertreter von Hilfsorganisationen wie dem Flüchtlingsrat gehen dagegen mit anderen Schwerpunkten in das Treffen. „Wir brauchen mehr Geld für Sprachkurse“, so Flüchtlingsrats-Geschäftsführer Kai Weber zur taz – aktuell könnten viele hochqualifizierte Flüchtlinge wie Ingenieure oder Ärzte wegen mangelnder Sprachkenntnisse über Jahre nicht in ihrem Beruf arbeiten. Wichtig sei auch die Abschaffung des „rigiden Quotensystems“, mit dem die MigrantInnen auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden. Auch wenn Freunde oder Verwandte diese bei sich wohnen lassen wollten, würden sie oft hunderte Kilometer entfernt untergebracht, kritisiert Weber.

Außerdem fordert der Flüchtlingsrat ein Ende der sogenannten Kettenduldungen: „Nach Afghanistan wird wegen der Menschenrechtslage dort seit 2005 nicht mehr abgeschoben“, sagt Weber. „Trotzdem erhalten Afghanen kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht, sondern teilweise nur eine Grenzübertrittsbescheinigung.“ Die fordere zum schnellstmöglichen Verlassen Deutschlands auf. Die Folge: Die Menschen leben jahrelang in Angst vor Abschiebung.

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