Untersuchungen zu Neonazi-Terror: Spur führte früh nach Bayern

Bevor sie 1998 untertauchten, trafen sich Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wiederholt mit bayerischen Rechtsextremen. Hätten die Ermittler die Verbindung entdecken müssen?

Was lief da für Musik? Uwe Böhnardt und Uwe Mundlos 2007 vor ihrem Wohnmobil.

BERLIN taz | Vier 50-Liter-Fässer Bier hatten sich die Neonazis in eine Kiesgrube in der Nähe der Donaustaustufe in Straubing gestellt, für 30 Personen. Als es dunkel wurde, schallte aus einem Auto Musik der Band „Tonstörung“. „Blut muss fließen knüppelhageldick, und wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik“, hieß es in einem Lied, zu dem manche der Neonazis lautstark mitgrölten. Mit dabei im August 1994 war der damals 20-jährige Neonazi Uwe Mundlos. Mit zwei rechten Kumpels aus Thüringen, darunter der Cousin von Beate Zschäpe, war er nach Straubing im Osten Bayerns gefahren.

Auch aus Chemnitz waren einige Skins angereist – aus jener Stadt also, in der das braune Trio Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt, das sich „Nationalsozialistischer Untergrund“ nannte, vier Jahre später abtauchte. Der Vorfall in der Straubinger Kiesgrube belegt die Verbindungen der späteren NSU-Terroristen nach Bayern. Schließlich begingen die Neonazis in dem Bundesland fünf ihrer zehn Morde. Weiteres Beispiel: Im Februar 1996 kontrollierte die Polizei mehrere Autos auf dem Weg zu einem rechtsextremen Aufmarsch im unterfränkischen Aschaffenburg. Im Wagen von Ralf Wohlleben, der heute als mutmaßlicher NSU-Helfer in Untersuchungshaft sitzt, fuhren auch Mundlos und Böhnhardt mit. Zwischenzeitlich hatte ihr „Thüringer Heimatschutz“ gar einen eigenen Ableger in Franken.

Hätten die bayerischen Ermittler, die von Herbst 2000 an die Mordserie an Migranten aufklären sollten, dem Trio über die Verbindung zwischen der Neonaziszene in Bayern und Ostdeutschland auf die Spur kommen können? Das ist eine der zentralen Fragen, die sich die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags am Donnerstag stellen.

Zumindest einmal waren die Fahnder nahe am Umfeld der Terrorgruppe dran – wenn auch erst nach dem neunten Mord. Im Mai 2006 hatte ein Polizeiprofiler angeregt, nach Tätern zu suchen, die aus der rechten Szene kommen könnten. Daraufhin baten die Ermittler Bayerns Verfassungsschutz um eine Liste mit Rechtsextremen. Schließlich lieferte der Geheimdienst 682 Namen aus dem Großraum Nürnberg – dort hatte der Profiler den „Ankerpunkt“ der Täter vermutet. Auch die mutmaßliche NSU-Helferin Mandy S. fand sich auf der Liste. Überprüft wurden von den Ermittlern der Soko „Bosporus“ dann aber nur 161 der 682 Personen – Frauen waren nicht darunter.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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