Untersuchungsausschuss Krankenhauskeime: Ein Keim vor, ein Keim zurück

Im Falle des jüngst infizierten Kindes gibt es Entwarnung, während die Quelle der Keime, an denen drei Frühgeborene starben, noch immer unklar ist

Dem "Keimherd" auf der Spur: Hygiene-Experte Martin Exner vor dem Untersuchungsausschuss Bild: Simone Schnase

BREMEN taz | Der bei einem kleinen Jungen im Klinikum Bremen Mitte (KBM) am vergangenen Montag entdeckte Darmkeim ist nicht identisch mit dem Erreger, an dem im vergangenen Jahr drei Frühchen starben. Nach einer Operation waren bei dem Jungen Klebsiellen nachgewiesen worden, an denen das Kind allerdings nicht erkrankt ist.

Neben der guten Nachricht kamen beim Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gestern wieder einmal unerfreuliche Neuigkeiten aus dem KBM ans Tageslicht: Dort soll es nach dem Bericht eines staatlich geprüften Desinfektors noch bis zur letzten Woche eklatante Hygienefehler gegeben haben.

In dem 15-seitige Protokoll des Oldenburger Experten, das seit Donnerstag dem Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Todes dreier Kinder 2011 auf der Frühgeborenenstation im KBM vorliegt, wird unter anderem bemängelt, dass im November 2011 acht Kinderwagen gestanden hätten, „die kaum zu desinfizieren sind“, dass der beauftragte Desinfektor im OP-Bereich auf eigens mitgebrachte Einweg-Kleidung habe zurückgreifen müssen, weil vor Ort keine zur Verfügung gestanden hätten und dass er „verschmutzte Filter aus dem Jahr 2009 an der mikrobiologischen Werkbank in Raum 472 selbst ausgetauscht“ habe.

Die Pflegerische Geschäftsführerin des Klinikums Mitte, Daniela Wendorff, äußerte sich zu dem Bericht kaum. Sie wisse nicht einmal, was mit einer mikrobiologischen Werkbank gemeint sei. Überdies gebe es in jedem Klinik-Bereich sowohl Wegwerf- als auch waschbare, sterile Kleidung. Der Bericht müsse erst einmal intensiv auf seine Richtigkeit hin geprüft werden: „Es gibt durchaus Hinweise darauf, dass nicht alle Angaben der Wahrheit entsprechen“.

Die Quelle des tödlichen Keims ist indes noch immer unklar. Hygiene-Experte Martin Exner stellte dem Untersuchungsausschuss ausführlich den möglichen „Keimherd“ vor, der sich oft an sogenannten „Feuchthabitaten“ wie Siphons oder Wasserleitungen befindet. Im KBM war er höchstwahrscheinlich an der Wasser-Zuleitung eines Desinfektions-Eimers. An dieser Stelle wird dem Desinfektionsmittel Wasser beigemengt, bevor es über ein „Tuch-Spender-System“ zur Flächen- und Geräte-Desinfektion verwendet wird. Genau an dieser Stelle hat Exner einen Biofilm mit Klebsiellen ausgemacht, „und ein solcher Biofilm kann abreißen und ausgespült werden“. Ob die dort entdeckten Klebsiellen allerdings gen-identisch sind mit dem tödlichen Keim, ist nach wie vor unklar.

Für die Verunreinigung des Zuleitungs-Schlauchs macht Exner nicht mangelnde Hygienemaßnahmen im KBM verantwortlich: „Es gibt Keimquellen, auf die man einfach nicht kommt, deswegen ist die Frage nach der Herkunft des Keims nicht nur für Bremen interessant.“ Die Hersteller des Desinfektions-Spender-Systems würden eine Haltbarkeit des angemischten Mittels von 28 Tagen garantieren, „allerdings bezieht sich das nur auf die Lösung. Bisher ist noch nie jemand der Frage nachgegangen, wie sich die Kombination Lösung-Eimer-Tuch auf die Wirksamkeit des Desinfektionsmittels auswirkt.“ Allerdings hätte man im November 2011, als im KBM in einem solchen Desinfektions-System Pseudomonaden nachgewiesen worden seien, „weiterverfolgen müssen, wie es in einem angeblich sicheren Desinfektionssystem zu einem solchen Befall kommen konnte.“

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