Untersuchungsausschuss Staatsoper: „Kollektive Verantwortungslosigkeit“

Der Umbau der Staatsoper wurde doppelt so teuer wie geplant. Politischer Druck und schwere Planungsmängel seien der Grund dafür, so die Bilanz des Ausschusses.

Baustelle der Staatsoper

Noch so eine Pannenbaustelle in Berlin Foto: dpa

BERLIN dpa | Mehrkosten von fast 160 Millionen Euro, jahrelange Verzögerungen und ein Imageschaden für Berlin – im Bauskandal an der Staatsoper Unter den Linden hätte das Parlament nach Erkenntnissen eines Untersuchungsausschusses früh die Notbremse ziehen müssen. Doch politischer Druck und gravierende Planungsmängel hätten das Debakel geradezu beschleunigt. „In der Summe verhängnisvoll“, nannte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Brauer (Linke) am Freitag die Entscheidungszwänge und den Zeitdruck, dem das Projekt unterlag.

Nach gut einem Jahr, 17 Sitzungen und der Befragung von 33 Zeugen wollte der Ausschuss am Freitag über den Abschlussbericht abstimmen. Das rund 200 Seiten starke Dokument soll dem Parlament am 23. Juni vorgelegt werden.

Doch die Opposition lehnt die bisherige Fassung ab. Grüne und Piraten kündigten Minderheitsvoten an. Sie werfen der Mehrheit von SPD und CDU vor, die politische Verantwortung für das Debakel während der Amtszeit des Regierenden Bürgermeisters und Kultursenators Klaus Wowereit (SPD) unter den Tisch kehren zu wollen.

Die Kernaussage des Berichts werde verfälscht und vertuscht, sagte die Grüne Sabine Bangert. Statt in der „kollektiven Verantwortungslosigkeit“ von Senat und Verwaltung werde der Grund für den Skandal unter anderem in der überraschend maroden Bausubstanz des Gebäudes gesucht, sagte der Pirat Wolfgang Pries. Die Einflussnahme des Vereins der Freunde der Staatsoper, die 30 Millionen Euro für die Sanierung in Aussicht gestellt hatten, habe den Druck verstärkt.

„Das Parlament hätte das Projekt so nicht genehmigen dürfen“, sagte Brauer. Die Mittel seien ohne ausreichende Planungsunterlagen freigegeben worden. Weder Ziele, Kosten noch Risiken seien benannt worden. Spätestens 2011 sei deutlich geworden, dass das Projekt „aus dem Ruder läuft“. Schon damals hätte das Parlament über Optionen nachdenken sollen.

Für die SPD-Politikerin Ülker Radziwill war die Entscheidung für die historische Rekonstruktion „verhängnisvoll“. Kein Politiker habe die Kosten dafür geahnt, sagte Radziwill. Sie sprach von einem enormen Druck der Kulturszene zugunsten der historisch gerechten Sanierung.

Ursprünglich hatte der Architekt Klaus Roth den Wettbewerb für einen modernen Zuschauersaal gewonnen. Wowereit hatte nach Protesten das Projekt gekippt und eine Neuplanung angeordnet. Verteuert wurde das Vorhaben auch durch den sumpfigen Baugrund für den unterirdischen Verbindungstrakt zwischen Magazingebäude und Opernhaus.

Die von Daniel Barenboim geführte Staatsoper, die zur Zeit im Schiller Theater spielt, sollte 2013 wieder eröffnet werden. Jetzt ist 2017 geplant. Die Kosten sind von 239 Millionen auf mehr als 400 Millionen Euro gestiegen.

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