Unweltschutz und Muslime: Der Öko-Dschihad kommt

Der Islam liefert theologische Gründe für ökologisches Verhalten, sagen die „Grünen MuslimInnen“. Der „Tag der offenen Moschee“ wird umweltbewegt.

Eine grüne Moschee in Abu Dhabi. Bild: imago/Thomas Müller

KÖLN taz | Minarett-Windrad, grüne Moschee oder „Öko-Dschihad“ – die deutschen Muslime entdecken das Thema Ökologie. Der diesjährige „Tag der offenen Moschee“ steht deshalb unter dem Motto „Umweltschutz“.

Seit 1997 wird dieser Tag von den vier größten muslimischen Verbänden in Deutschland gemeinsam organisiert. Dieses Jahr werden mehr als 1.000 Besucher erwartet. Mit dem Umweltschutz greifen die Organisationen dieses Mal ein Thema auf, das in den eigenen Gemeinden noch nicht sehr verbreitet ist, gibt Rafet Öztürk, der Leiter der Arbeitsgemeinschaft des „Tags der offenen Moschee“, zu. „Wir wollen Impulse innerhalb unserer Gemeinden setzen und den Gemeindemitgliedern das Thema nahebringen“, sagt er.

Der Islam liefere eine Reihe theologischer Begründungen für ökologisches Verhalten, meint der nordrhein-westfälische grüne Landtagsabgeordnete Ali Bas, der Sprecher des Arbeitskreises „Grüne Muslime“ ist. „Umweltschutz ist eigentlich ein urmuslimisches Thema“, sagt Bas, der am Donnerstag in Münster mit Gläubigen über das Thema diskutieren wird. Zum Beispiel werden Muslime bei rituellen Waschungen angehalten, kein Wasser zu verschwenden. „Das islamische Leitbild besagt, dass die Erde dem Menschen übertragen wurde und er damit verantwortungsvoll umgehen muss.“

Während der Öko-Islam in Deutschland noch ganz am Anfang steht, ist er in anderen Ländern bereits weiter. Die intellektuelle Verbindung zwischen Islam und Ökologie schaffen Theoretiker wie der iranische Philosoph Seyyed Hossein Nasr und der in Großbritannien lebende Umweltaktivist Fazlun Khalid. Aus den USA stammt der Begriff des „Öko-Dschihad“.

Junge westliche Akademiker

Er ist keineswegs terroristisch gemeint, sondern soll die Gläubigen zu umweltbewusstem Verhalten verpflichten. Nach ökologischen Leitbildern errichtete Moscheen gibt es in Singapur, Abu Dhabi oder Großbritannien. „Bei den islamischen Naturschützern handelt es sich zumeist um junge westliche Akademiker, die mit den Debatten um Umweltzerstörung und Klimawandel aufgewachsen sind und sich als Muslime engagieren wollen“, hat die Islamwissenschaftlerin Monika Zbidi aus Münster festgestellt.

Auch wenn der Öko-Islam in Deutschland noch eine Randerscheinung ist, gibt es bereits spannende Projekte. In Hamburg soll ein Windrad auf einem Minarett angebracht werden, eine Moschee in Darmstadt ist mit einer Solaranlage ausgestattet, und in Marburg wurde gerade der Grundstein für ein umfassend nachhaltig gestaltetes Gotteshaus gelegt.

Mit technischen Fragen befasst sich die Gruppe Nour-Energy, in der viele muslimische Ingenieure tätig sind. „Nour“ bedeutet Licht. Ab 2014 soll es sogar ein Zertifikat für „grüne Moscheen“ geben: Daran arbeitet die Initiative Hima. „Hima ist der Name, mit dem Abraham die erste Naturschutzzone in Mekka bezeichnete“, erklärt Redouan Aoulad-Ali.

Drei-Stufen-Zertifizierung

Das Öko-Zertifikat soll in drei Stufen verliehen werden – für die Hinterhofmoschee, das konventionelle Gotteshaus und für repräsentative Bauten. Aoulad-Ali und seine Mitstreiter werden am Donnerstag in Moscheen in München, Berlin, Wuppertal, Gelsenkirchen und Bremen über die Verbindung von Religion und Umweltschutz referieren.

Die Beschäftigung mit Ökologie trägt auch zur Integration bei, glaubt der Grünen-Parlamentarier Bas. „Es ist ein tolles Thema, um mit anderen Gruppen in Berührung zu kommen.“ In Deutschland seien es vor allem junge Muslime, die sich mit dem Thema befassen. Sein Appell: Umweltverbände und ökologisch engagierte Mitglieder der christlichen Kirchen sollten offen mit ihnen umgehen und die Zusammenarbeit suchen.

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